Gottesbilder
Situationen und Anlässe
- Kinder entdecken in Kirchen bzw. auf Bildern Darstellungen von Gott
- Kinder machen sich Gedanken, wie Gott aussieht
- Kinder lernen das ‚Vater unser‘ kennen und stellen sich Gott wie einen Vater vor
- Kinder malen ihre Vorstellungen von Gott
Informationen
Sollen Kinder dazu aufgefordert werden, Bilder von Gott zu malen? Dem steht auf den ersten Blick das im Alten Testament formulierte Bilderverbot entgegen: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!“ (2. Mose 20,4f.). Dieses Bilderverbot steht im Zusammenhang der bekannten „Zehn Gebote“ und dort in enger Verbindung mit dem Verbot, andere Götter anzubeten. Von der Frühzeit Israels an war die Gottesverehrung der Nachbarvölker und –sippen von Götterstatuen und –abbildungen bestimmt. Das kam dem Bedürfnis nach Anschaulichkeit entgegen. Die Nähe zur Gottheit wurde in der Nähe zu der sie repräsentierenden Statue erlebbar. In Gottesbildern war die Gottheit präsent, den Bildern konnte so göttliche Kraft zugesprochen werden. Priester verwalteten diese göttliche Macht und entschieden, wer in ihren Genuss kommt. Weil im Bild Gott gleichsam selbst da war, konnte er als das Bild angebetet werden. Gott wurde so in die menschliche Vorstellungswelt eingeordnet, eingepasst.
Dem Glauben an den unsichtbaren Gott Israels dagegen fehlt die anschauliche Präsenz. Was den bildlosen Glauben an diesen Gott auszeichnet, ist, dass er von niemandem in Besitz genommen werden, dass niemand über ihn verfügen kann. Gottesbilder dagegen gefährden den Glauben an den Gott, der allen menschlichen Vorstellungen überlegen ist, sich nicht in ihnen einfangen lässt. Die alttestamentlichen Geschichten erzählen von den Versuchungen, den in Bildern präsenten Gottheiten Glauben zu schenken. Das beginnt mit der biblischen Geschichte vom „Goldenen Kalb“ (2. Mose 32) führt zum Kampf des Propheten Elia gegen den Baalskult der kanaanäischen Bevölkerung (1. Könige 18) und auch weiter zu den Herausforderungen des bildlosen Gottesglaubens angesichts der im babylonischen Exil erlebten prächtigen Tempelanlagen mit ihren Götterstatuen. Im Verlauf dieser Glaubensgeschichte hat das Bilderverbot auch die zuspitzende Formulierung bekommen, in der wir es heute kennen.
Judentum und Islam halten strikt an diesem Bilderverbot fest. In Synagogen und Moscheen gibt es keine Abbildungen lebender Wesen, die als Gottesbilder verstanden werden könnten. Im Christentum dagegen hat sich eine andere Bildtheologie entwickelt.
- Ein erster Ansatzpunkt sind die bildhaften Umschreibungen, wie wir sie in den Psalmen des Alten Testaments finden. Da wird von Gottes Hand und starkem
Arm gesprochen, von seinem Ohr und Auge, von Gott als Fels und Burg, als Feuer und Sonne. Das Malen und bildhafte Darstellen konnte so als eine nichtsprachliche bibelgemäße Art und Weise des Umgangs mit solchen bildhaften Aussagen über Gott verstanden werden. Zunächst ist es da z.B. freilich nur die Hand, die für sich allein dargestellt wird oder in einem Bild zur biblischen Geschichte aus dem Himmel ragt. Zur Darstellung einer ganzen Person kommt es da noch nicht.
- Deutliche Akzente zu bildhaften Gottesvorstellungen setzte Jesus mit seinem Reden von Gott als dem ‚Vater‘. Dem Verständnis von Gott als dem allen menschlichen Vorstellungen Überlegenen, in keinen Vorstellungsbildern Erfassbaren stellt er das Bild des menschlich nahen Gottes zur Seite. Überdies wird in Jesu ganzem Wirken, in seiner Person anschaulich, wer Gott für uns Menschen ist. Das Gottesbild gewinnt so menschliche Züge. Nach christlichem Verständnis zeigt sich ja in Jesus Christus Gott selbst. Ein produktives Spannungsfeld zwischen dem fernen, jenseitigen, in menschlichen Vorstellungen nicht zu erfassenden Gott und dem nahen, menschlich zugewandten Gott tut sich auf. Das ist auch ein entscheidender Ansatzpunkt für den religionspädagogischen Umgang mit Gottesbildern.
- Ein weiterer Impuls ging vom Christusbild aus. Jesus war Mensch und damit bildnerisch darstellbar. Aber nach dem Verständnis des Johannesevangeliums, dem die christliche Theologie in den ersten Jahrhunderten vorrangig folgte, war Jesus schon von Anfang der Welt an bei Gott, mit seiner menschlichen Geburt stieg Gott gleichsam vom Himmel herab und wurde Mensch. Frühe Bilder von der Erschaffung der Welt zeigen einen jugendlichen Gott – es ist eigentlich Christus, der in seiner Einheit mit Gott die Welt erschaffen hat und als der Mensch gewordene Jesus darstellbar ist.
In einem theologischen Bilderstreit im 7. Jahrhundert wurde geklärt, dass keines der Bilder zu biblischen Gestalten und den Heiligen zu deren Anbetung im
Bild führen dürfe. Bilder von Gott waren noch nicht erlaubt, aber über das Christusbild hielten sie doch Einzug in die christliche Frömmigkeit und Kunst.
- Ein folgenschwerer weiterer Schritt waren im 12. Jahrhundert Darstellungen der Dreieinigkeit im sog. „Gnadenstuhl“. Sie zeigen den gekreuzigten Jesus, darüber Gott Vater und die Taube als Symbol des Heiligen Geistes. In frühen Bildern dieser Art ist das Gesicht von Gott dem Vater noch eine Verdoppelung des Christusgesichts – nur so war es darstellbar. Aber das drängte im weiteren Verlauf solcher Darstellungen zur deutlicheren Unterscheidung. Über dem Gesicht des jugendlichen Gekreuzigten gewinnt das Gottesgesicht die Züge eines alten Mannes. Und so hat er fortan die weitere Bilder-Mal-Geschichte bestimmt – bis hin zu Michelangelo, der den Schöpfergott mit wallendem Bart gestaltete und dem Klischee von Gott als dem „Mann mit Bart“ Nahrung gab.
Mit dieser Entwicklung hat sich die offene Spannung zwischen der Nicht-Darstellbarkeit Gottes und dem Bild des menschlich nahen Gottes zum Standardbildtypus hin verengt und verfestigt. So gesehen ist das religionspädagogische Verbot, Bilder von Gott zu malen, die richtige Ablehnung solcher Vereinheitlichung des Gottesbildes, das mit der Verniedlichung zum göttlichen ‚Großvater‘ über den Wolken als auch mit dem Ausschluss weiblicher Elemente im Gottesverständnis immer unbiblischer wurde.
Religionspädagogische Aufgaben: In Bildern der produktiven Spannung im Gottesbild Ausdruck geben
Kinder, die noch wenig von Gott gehört haben, machen sich die unterschiedlichsten Vorstellungen von ihm. Das kann eine große Gießkanne sein, aus der es regnet, meist jedoch menschenähnliche Bilder wie das vom alten Mann über den Wolken.
Zugang finden Kinder auch zu traditionellen Symbolen mit Ausdruckskraft, so wie wir sie aus den Psalmen kennen (Gott als Licht, als starke Hand, als schützende Burg etc.).
Wenn Kinder Gelegenheit haben zum Nachdenken über ihre ihnen angemessenen Bilder von Gott, tut sich ein weites Feld phantasievoller, kreativer Bilder auf, in der sie ihren Gottesvorstellungen und ihrer Beziehung zu Gott Ausdruck geben. Das ist der entscheidende Unterschied zu den überlieferten erstarrten Gottesbildern, die der Andersartigkeit Gottes zu wenig Raum geben.
Kinder malen weitestgehend freundlich zu gewandte Gesichter. Während in vergangenen Jahrzehnten der strafende Gott zur Unterstützung elterlicher Autorität entsprechende Bilder mit sich gebracht hat, sind die erfreulicherweise weitgehend verschwunden.
Bei Mädchen finden sich oft weibliche Gottesbilder. Die können auch biblische Bestätigung finden in mütterlichen Gleichnisbildern, etwa dem Bilder Glucke, die ihren Küken unter ihren Flügeln Schutz gibt (Psalm 36,7); besonders deutlich im Wort aus Jesaja 66,13: Gott tröstet, „wie einen seine Mutter tröstet“.
Kommentar des fünfjährigen Kindes: Gott ist eine Frau. Sie kann immer lachen
Religionspädagogische Aufgabe ist es, mit den Kindern über ihren Gottesbildern darüber ins Gespräch zu kommen, was ihnen an der Beziehung zu Gott wichtig ist, was sie ihnen bedeutet.
Die christlich-abendländische Maltradition hat die Aufgabe sichtbar gemacht, Gottesbilder vor der Erstarrung zum Klischee zu bewahren. Die malenden Kinder brauchen Beweglichkeit und Anregungen zur Weiterentwicklung im Spannungsfeld zwischen der Nähe der menschlich-anschaulichen Beziehungsbilder einerseits und der nicht abbildbaren Andersartigkeit Gottes, die alle menschlichen Vorstellungsmöglichkeiten übersteigt, andererseits. Viele Kinderbilder zeigen, wie Mädchen und Jungen vom Kindergartenalter an bereit sind, ihre Bilder von Gott immer wieder neu in dieses Spannungsfeld einzuordnen. Im Gespräch mit den Kindern zeigt sich dann oft, wie sie um angemessene Darstellungen ringen. Hilfreich ist es dabei, typische Herausforderungen zu kennen, denen sich die Kinder mit zunehmendem Alter in ihren Gottesbildern stellen.
Die Lebendigkeit der vergänglichen anschaulichen Lösungen in den Bildern der Kinder sind ein wichtiges Gegengewicht gegen tradierte klischeeartigen Gottesbilder. Das Bild des alten Mannes mit Bart wird früher oder später beiseitegelegt und oft genug damit auch das Nachdenken über Gott und die Beziehung zu ihm. Dem steht das eigenständige, kreative, anschauliche Suchen der Kinder nach Antworten gegenüber, was der unsichtbare, geheimnisvolle Gott mit unserem Leben und unserer Welt zu tun hat. Das ist ein wichtiges und tragfähiges Fundament auch für späteres Dranbleiben an den Fragen nach Gott.
Beispiele zur Entwicklung von Gottesbildern der Kinder