Situationen und Bezüge

 

  • Feste gehören zu den Höhepunkten im Kindergartenjahr und strukturieren es
  • Kinder fragen nach Bedeutung und Herkunft der mit den Festen verbundenen Traditionen
  • Das religionspädagogische Profil der Einrichtung zeigt sich auch im Feiern der Feste des Kirchenjahrs und verlangt nach Kenntnissen der zugrundeliegenden Traditionen

Informationen

Seit je her strukturieren gesellschaftliche Traditionen das stetige Dahinströmen der Zeit durch besondere wiederkehrende Ereignisse. Die linear verlaufende stetige Verwandlung von Zukunft über die Gegenwart in Vergangenheit wird gleichsam eingefangen in den Zyklus jährlich wiederkehrender festlicher Ereignisse. Zeit wird mit ihnen anschaulich und bestimmbar, sei es im Wechsel von Säen und Ernten, im Wechsel der Jahreszeiten mit seinen Auswirkungen auf die Natur – und im besonderen Festen, die dies zu ihrem Thema haben. Wendepunkte im Jahreskreis bieten viele Anlässe zu festlichen Begehungen, und die sind auch religiös bedeutsam. Die von Fest zu Fest überschaubare Zeit mit den Erwartungen an sie wurde dem Schutz der Gottheiten anvertraut.

 

Feste in Israel
Auch der Jahreszyklus im alten Israel war durch die Wechsel in der Natur bestimmt. Das Passafest im Frühjahr geht auf ein Hirtenfest zurück, das den Weidewechsel im Frühjahr markierte: die Nomaden zogen mit ihren Herden an den Rand des Kulturlands, um dort abgeerntete Felder abzuweiden. Das sieben Wochen später folgende Wochenfest war das Dankfest für die Weizenernte. Das Laubhüttenfest im Herbst war das Fest der Weinlese.

In biblischer Zeit bekamen die Feste noch eine andere, geschichtliche Bedeutung: Das Passafest erinnerte an den Auszug Israels aus Ägypten, das Wochenfest an den Bundesschluss zwischen Gott und seinem Volk am Sinai, das Laubhüttenfest an den Zug durch die Wüste ins ‚gelobte Land‘.

Zehn Tage nach dem Neujahrsfest im Herbst wurde der ernste Versöhnungstag gefeiert, die Tage vorher wurden als Besinnungs- und Bußzeit begangen, die das Leben auf den Tod hin vor Augen stellten. In der dunklen Herbst-Winter-Zeit wird ein besonderes Lichterfest gefeiert, das Chanukka-Fest , das an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v.Chr. erinnert. Am Ausgang der Winterzeit steht das Purimfest, ein ausgelassenes und vor allem von den Kindern gefeiertes Fest mit viel Verkleidungen. Es erinnert an die Geschichte von der Rettung der jüdischen Minderheit in Persien durch die Königin Esther (Erzählung).

 

Christliche Feste im Anschluss an jüdische und römische Traditionen

Es ist davon auszugehen, dass die ersten Christen weiterhin die jüdischen Jahresfeste feierten. Ihr Hauptfest was das der Auferstehung Jesu Christi, und das wurde wöchentlich am Sonntag, dem Tag nach dem jüdischen Ruhetag, gefeiert. Es war auch das zentrale Fest im entstehenden christlichen Festjahr und wurde gemäß der biblischen Überlieferung beim Passafest angesiedelt. Das jüdische Wochenfest wurde zum christlichen Pfingstfest als Gründungsfest der christlichen Gemeinschaft. Nahe bei der Wintersonnwende wurde etwa ab dem 4. Jahrhundert die Geburt Jesu gefeiert – das römische Fest des neu aufsteigenden unvergänglichen Lichts wurde auf Jesus Christus als das Licht der Welt bezogen.

 

Feste und ihre Inhalte

Zwischen dem jüdischen und dem christlichen Festkalender zeigen sich mancherlei Parallelen, die uns auf wesentliche Lebensthemen aufmerksam machen, die diese Feste prägen:

Die Festgeschichten halten fest, was für das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft wesentlich ist. Im Judentum ist es das rettende Wirken Gottes, der sein Volk aus der ägyptischen Sklaverei befreit hat (Glauben, Glaubensbekenntnis), mit ihm einen Bund geschlossen, es durch die Wüste in das gelobte Land geführt hat.

Dem entspricht im christlichen Glauben der Bezug auf Jesus Christus, seine Geburt, sein Tod und seine Auferstehung, seine Gegenwart in der Gemeinschaft der Vielen, die alle zusammen sein „Leib“ sind, so wie es der Apostel Paulus in seinem Gleichnis vom Körper und seinen Gliedern beschrieben hat (Erzählung zu 1.Korinther 12,12ff.). Wichtig ist es deshalb, diese Festgeschichten vor dem Vergessen zu schützen, im Gestalten der Feste an den Brücken zum Verständnis dieser Geschichten zu bauen.

Feste haben ihre Verankerungen in den Besonderheiten der Jahreszeiten. Das gilt besonders für das die Feste begleitende Brauchtum. Ostern ist mit dem Neuerwachen in der Natur verbunden. Bedenklich ist allerdings, wenn das Fest nur noch mit Osterhasen und Ostereiern verbunden wird und Tod und Auferstehung Jesu Christi bedeutungslos werden. Das Erntedankfest im Herbst verbindet den Dank für alles, was unserem Leben Nahrung gibt, mit dem Bekenntnis zu Gott dem Schöpfer und Erhalter unserer Welt, der uns gibt, was „nottut an Leib und Leben“ (Martin Luther im Kleinen Katechismus). Zur Advents- und Weihnachtszeit gehören die Lichter in den kürzesten Tagen des Jahres. Weihnachtliche Legenden nehmen Erfahrungen von Kälte und Schnee auf.

Der Festkreis schließt die Pole der fröhlichen Ausgelassenheit und der ernsten Besinnung ein. Das jüdische Purim-Fest ist auch Kinderfest mit Verkleiden und Lärmen – ihm steht der Jom Kippurals ernster Bußtag gegenüber – so wie der christliche Buß- und Bettag sowie der Ernst des Karfreitags dem Karneval kurz vor dem Beginn der Passionszeit. Lebensthemen sind auch die Pole von Geburt und Tod: Weihnachten als Fest des neugeborenen Kindes – und der Allerseelentag (katholisch) bzw. Ewigkeitssonntag (evangelisch) als Tag des Totengedenkens und des Bergens der Verstorbenen in Gottes Hand.

In den meisten religiösen Festzyklen spielen Gedenktage eine wichtige Rolle, die an besondere Personen und Ereignisse erinnern. Im Judentum ist es z.B. die Erinnerung an die Zerstörung und die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem. Gedenktage im Buddhismus erinnern an wichtige Ereignisse im Leben Buddhas. Im Islam ist es das Bedenken der Geburt Mohammeds und seiner ersten Engelsbegegnung in der Wüste mit der Aufzeichnung der ersten Sätze des Koran.

Im Christentum hat sich ein umfänglicher Kalender der Heilligen-Gedenktage entwickelt. Im evangelischen Bereich hat der Reformationstag besonderes Gewicht, der an den Thesenanschlag Luthers in Wittenberg am 31.10.1517 erinnert (Erzählung dazu).
Für die Kitas gehört das Erinnern an St. Martin am 11. November unverzichtbar dazu – ursprünglich begann in diesen Tagen eine sechswöchige Advents- Und Fastenzeit. Neben St. Martin ist der Nikolaustag am 6.Dezember - früher war er der Tag des weihnachtlichen Beschenkens. Die ‚Barbarazweige‘ werden am 4. Dezember geschnitten – dem Gedenktag der Hl. Barbara (>>>) – sie lassen ihr Blühen an den Weihnachtstagen erwarten.

Sonnen- und Mondjahr

Das Jahr ist in die Monate unterteilt. Deren Namen haben teils auch religiösen Ursprung. So erinnern z.B. der März an den römischen Kriegsgott Mars und Juni an die Göttin Juno. Römische Kaiser ließen sich wie Götter verehren. Julius Cäsar gab dem Juli den Namen und Augustus dem August. Das römische Jahr begann ursprünglich im März, Oktober, November, Dezember wurden so als achter, neunter und zehnter Monat gezählt. Cäsar verlegte dann den Beginn auf den Januar.
Die jüdischen Monate folgen den Mondphasen und haben deshalb wechselweise 29 und 30 Tage. Da den 12 Monaten so etwa elf Tage zum Sonnenjahr mit 365 bzw. 366 Tagen fehlen, beginnt das Jahr jeweils 11 Tage früher. Zum Ausgleich wird dann alle zwei bis drei Jahre ein 13. Ersatzmonat eingeschoben. Analog ist es mit dem christlichen Osterfest (>>> Ostern), das immer am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond liegt und so zwischen 21. März und 25. April variieren kann.

Der islamische Kalender folgt dem jüdischen, aber ohne den Ausgleichsmonat. Deshalb wandern die Fest- und Gedenktage um jährlich etwa elf Tage durch das ganze Jahr. Diese Feste haben deshalb keinen Naturbezug.

 

Religionspädagogische Anregungen

Das Jahr im Kindergarten ist neben den kalendarischen Festen durch seinen eigenen Zyklus bestimmt: von der Eingewöhnung der ‚Neuen‘ nach der Sommerpause zur Verabschiedung der ‚Schulkinder‘ im Sommer. Bei Gottesdiensten und Andachten zu diesen Anlässen steht die Bitte um Gottes Segen im Vordergrund (Segen). Die Herbstzeit setzt einen besonderen naturbezogenen Akzent, mit St. Martin und den Laternen geht es in die dunkle Jahreszeit hinein und damit zu Advent und Weihnachten. Der Fasnachtszeit folgt die Passions- und Fastenzeit – ein guter Anlass für einen mehrwöchigen Jesuszyklus mit ausgewählten Erzählungen zu dessen Wirken, die zugleich die Brücke schlagen vom Kind in der Krippe zu den letzten Tagen des erwachsenen Jesus in Jerusalem. Die Osterzeit führt wieder hinaus ins Freie mit entsprechenden Projekten, bis dann der Abschluss des Kindergartenjahres immer näher rückt.

Zurück zu Theologisch-religionspädagogische Stichworte