Eine erste Reaktion ist das sich Abschirmen von der Vielfalt. Je näher einem andere Religionen mit ihrer Fremdheit rücken, je unentwirrbarer der „Dschungel der neuen Religiosität“ (G. Schmid) wird, desto verlockender wird für viele der Rückzug in eine überschaubare und sichere religiöse Heimat. Fundamentalistische Gruppierungen haben Zulauf, in denen klar geregelt ist, was als richtig und als falsch zu gelten hat. Die zu vertretende Position ist klar geregelt, ständig neue Verunsicherungen werden vermieden. Im Blick auf die Kinder wird argumentiert, daß gerade sie eine klare Orientierung bräuchten. Sie sollten deshalb nicht durch Vielfalt verwirrt werden. Vielmehr komme es darauf an, daß sie in einer Tradition – und damit ist dann die christliche gemeint – sich einwurzeln können.
Dieses Modell aber hat gravierende Mängel. Zum einen ist die religiöse Vielfalt in der Einrichtung da. Sie zu ignorieren heißt, bestehende Wirklichkeit auszublenden. Zum anderen ist zu fragen, was denn als richtig und als falsch zu gelten hat. Hinsichtlich anderer Religionen wird gerne mit der Überlegenheit der christlichen argumentiert. Dialog wird so von vornherein ausgeschlossen, wenn anderen grundsätzlich ein Wahrheitsanspruch abgesprochen wird. Hinsichtlich der fließenden Grenzen zwischen christlicher Tradition und neuen religiösen Strömungen ist zu fragen, wer denn hier die Grenzen ziehen soll. Religiöse Strömungen sind doch auch Antworten auf Versäumnisse und vielleicht sogar Fehlentwicklungen im christlichen Lager. Bedürfnisse nach Spiritualität, nach einem Leben im Einklang mit sich selbst und der Natur, nach ganzheitlichem Erleben wurden in der christlichen Tradition zu wenig beachtet und sind in andere religiöse Gruppierungen ausgewandert. Dem wird man mit einem "richtig" und "falsch“ nicht gerecht. Schließlich ist auch die biblische Überlieferung selbst in ihrer Geschichte immer wieder bereichert worden durch Begegnung mit anderen Traditionen, etwa dem philosophischen Denken aus griechischer Tradition. Und die Kinder leben inmitten der religiösen Vielfalt. Untersuchungen haben gezeigt, daß sie im Kindergartenalter unterschiedliche Religionen noch gar nicht als solche identifizieren können. Sie nehmen unterschiedliche Verhaltensweisen und Einstellungen wahr und können sehr selbstverständlich, ohne Wertungen, mit ihnen umgehen.
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