Islam
Steckbrief Islam
Islam heißt Hingabe, nämlich an den einen und einzigen Gott. Damit ist das Zentrum islamischer Frömmigkeit bezeichnet.
Urkunde des Islam ist der Koran (= Lesung, Rezitation), der in Abschnitten direkt aus dem Himmel dem Mohammed offenbart und danach aufgeschrieben wurde. Er enthält Glaubensüberzeugungen, gottesdienstliche Ordnungen, sozial-gesellschaftliche Ordnungen und sittlich-ethische Maßstäbe.
Vom Glauben reden
Gott (= Allah) ist im Islam streng allen menschlichen Vorstellungen entzogen. Deshalb sind jegliche Bilder von Gott verboten. In Moscheen finden sich keine bildlichen Darstellungen. Gott ist allmächtig und barmherzig, sofern er den Menschen nicht mehr Gebote und Pflichten auferlegt, als sie auch erfüllen können.
Sterben und Tod: Leben ist Gottes Geschenk, und nach dem Tod kehren die Glaubenden zu Gott zurück. Im Gericht wird über die Menschen geurteilt, sie erhalten Belohnung bzw. Bestrafung für ihre Taten. Belohnung erwartet sie im Paradies, das sehr anschaulich in leuchtenden Farben geschildert wird.
Feste
Das muslimische Jahr ist ein reines Mondjahr, d.h. es zählt 12 Monate von 29 oder 30 Tagen. Weil das Mondjahr um 11 Tage kürzer ist als unser Sonnenjahr, verschiebt sich der muslimische Kalender jedes Jahr zu unserem Kalender um 11 Tage rückwärts.
Opferfest (türkisch: kurban bayram): Es ist das höchste Fest des Islam. Im Mittelpunkt steht die Geschichte, in der sich Abraham anschickt, seinen Sohn Ismael (in der Bibel: Isaak) Gott zu opfern. (2010: 12.11.). Opfertiere werden rituell geschlachtet, in festlicher Gemeinschaft gegessen und mit Nachbarn und Armen geteilt.
Ramadan: So wird der Fastenmonat bezeichnet, in dem der Überlieferung nach Mohammed die ersten Offenbarungen zuteil wurden. Von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang verzichtet der gläubige Muslim auf Essen, Trinken, Rauchen, Geschlechtsverkehr. Nach Sonnenuntergang treffen sich Familien und Nachbarn, um miteinander zu essen. Kinder sind noch nicht zum Fasten verpflichtet. Oft sind sie stolz darauf, es den Großen schon gleichzutun. (Beginn 2010: 11.8.)
Nacht der Bestimmung: in der 27. Nacht des Fastenmonats wird der ersten Offenbarung an Mohammed gedacht.
Fest des Fastenbrechens (türkisch: seker bayram): das Ende des Fastens wird in einem fröhlichen dreitägigen Fest gefeiert. Wegen der Süßigkeiten und Geschenke, die verteilt werden, heißt es auch Zuckerfest, und es hat in diesem Sinne gewisse Ähnlichkeiten mit dem christlichen Weihnachtsfest. (2010: 10.9.)
Neujahr: Das islamische Jahr beginnt mit dem Gedächtnis der Auswanderung aus Mekka im Jahr 622. (2010: 7.12.)
Aschura: Am 10. Tag des Jahres gedenkt man u.a. des Endes der Sintflut. Der Überlieferung nach hat Noah an diesem Tag die Arche verlassen, vgl. auch S. x. Schiitische Muslime gedenken an diesem Tag besonders des Todes Husains, Sohnes des Ali und Enkels Mohammeds (2010: 17.12.)
Mevlid Kandili: Es ist der Geburtstag des Propheten (2010: 26.2.). An ihm werden Koranverse und Gedichte über das Leben Mohammeds rezitiert.
Fünf Pflichten, die sog. fünf Säulen bestimmen das Leben des gläubigen Muslim:
Bekenntnis zu dem einen Gott: „Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Gott. Ich bezeuge, dass Mohammed der Gesandte Gottes ist“.
Gebet: Gemeint ist das rituelle Gebet, das fünfmal am Tag zu verrichten ist, nämlich vor dem Sonnenaufgang, zur Mittagszeit, am Nachmittag, nach Sonnenuntergang und vor dem Schlafen.
Es beginnt mit der Reinigung; dreimal werden die Hände gewaschen, dreimal wird mit Wasser aus der rechten Hand der Mund gespült, dann werden Nase, Gesicht, Hals und Ohren gereinigt und schließlich die Arme bis zu den Ellenbogen und die Füße bis zu den Knöcheln gewaschen. Das Gebet selbst ist durch die Abfolge von Aufrechtstehen, Verneigen, Niederwerfen zu Boden, Knien bestimmt.
Neben dem rituellen gibt es auch das freie Beten mit frei formulierten Bitten, Kernsätzen des Islam, Rezitation der „99 schönsten Namen Allahs“. Dabei lassen viele Beter die Perlenschnur durch die Hände gleiten.
Fasten: Das Fasten im Ramadan ist wichtigstes Kennzeichen religiöser Treue.
Sozialabgaben: Sie gründen in der von Mohammed für Medina geschaffenen Gemeindeordnung. Wer Besitz hat, ist zur Sozialsteuer für Bedürftige verpflichtet. Auch heutzutage schicken z.B. türkische Muslime zum Ende des Ramadan hohe Spenden in ihre Heimat.
Wallfahrt nach Mekka: Nach Mohammeds Aussagen kurz vor seinem Tod ist den Wallfahrern das Paradies verheißen. Mekka gilt den Muslims als die „Mutter aller Städte“.
Geistliches und Weltliches sind im Islam eng miteinander verbunden, auch das geht auf die Gemeindeordnung für Medina zurück. Insofern ist der Glaube für Muslims keine Privatsache, sondern eine öffentliche Angelegenheit. Recht und Gesetz gelten als Zeichen für die Barmherzigkeit Gottes, der mit ihnen das Zusammenleben der Menschen möglich macht. Sie sind am Koran und an der Sunna, in der die Lebenspraxis Mohammeds überliefert ist, orientiert. Am meisten sind das Verbot von Schweinefleisch (= unreine Tiere) und Alkohol bekannt.
Mann und Frau: In islamischen Ländern und ihrer patriarchalischen Ordnung sind den Personen des Familienverbands feste Rollen zugewiesen. Aber während ursprüngliche Lebensregeln für Jungen weithin vergessen wurden, blieben die Vorschriften für Frauen und Mädchen lebendig. Sie fordern etwa strikte Trennung der Geschlechter – deshalb ist für viele Muslime gemeinsames Schwimmen ihrer Töchter mit Jungen oder der Schullandheimaufenthalt mit Mädchen und Jungen nicht zu befürworten. Es gibt kaum private Kontakte zwischen Frauen und Männern, die nicht zur selben Familie gehören.
Traditionsverlust: Wie bei den Christen spielt auch für viele Muslime der Islam als praktizierte Religion kaum mehr eine Rolle. Sie fühlen sich höchstens noch im kulturellen Sinn als Muslime, und sie kritisieren an ihrer Religion oft, dass sie rückständig und altmodisch sei.
Besuch in der Moschee
Wir nehmen wahr, dass es verschiedene Aufenthaltsräume gibt, zum Essen und Trinken, Reden und Lesen, auch Unterrichtsräume für Kinder, die hier im Koran unterwiesen werden.
Wir sehen den Waschraum mit vielen Wasserhähnen und lassen uns erklären, dass sich die Betenden vor dem rituellen Gebet einer Reinigung von Gesicht mit Mund und Nase, Armen und Beinen unterziehen.
Der Gebetsraum selbst ist ohne Gestühl, aber den ganzen Boden bedeckende Teppiche laden zum Sitzen ein. Wir nehmen nun den Schmuck dieses Raums aufmerksam wahr: Keine bildlichen Darstellungen von Menschen, Tieren oder Pflanzen, sondern geometrisch-ornamentale Muster in leuchtenden Farben, oft auf Kacheln angebrachte arabische Schrift mit Worten aus dem Koran.
Eine Nische (Mihrab) gibt dem Gebetsraum seine Ausrichtung, nach Mekka hin. Eine kleine Treppe (Minbar) führt in dem Raum zu einem Stuhl (Kürsi). Von dort aus hält der Leiter der Gemeinde zu besonderen Anlässen eine Ansprache an die zum Gebet Versammelten. Wir finden im Raum auch noch Gebetsketten mit Perlen, die die Betenden mit ihren Fingern entlangwandern. An den Wänden finden wir Kerzenhalter, oder auch Deckenleuchter.
Vielleicht werden die Kinder mit einem Getränk und einem Stückchen Gebäck begrüßt. Das lädt zugleich ein zu einem Gespräch über das hier Wahrgenommene und zum weiteren Nachfragen.
Glaube im Lebenslauf
Geburt: Die ersten Worte, die das neugeborene Kind hören soll, ist der Ruf zum Gebet und das Glaubenszeugnis. Sie werden ihm kurz nach der Geburt ins rechte und ins linke Ohr geflüstert. Nach 40 Tagen, in denen Mutter und Kind zu Hause bleiben sollen, singt der Imam ein Gedicht über die Geburt Mohammeds. Die Namengebung erfolgt am 7. oder am 40. Tag nach der Geburt durch den Vater oder einen der Ältesten der Gemeinde. Wer den ersten Zahn des Babys entdeckt, muss ihm etwas schenken.
Beschneidung: Zwischen dem 7. und 14. Lebensjahr wird den Jungen die Vorhaut des Glieds abgeschnitten. Damit wird der Junge in die Gemeinschaft der Männer aufgenommen. Es ist ein großes Familienfest, bei dem die Hauptperson von den Verwandten reich beschenkt wird.
Hochzeit: Im islamischen Hochzeitszeremoniell sind Religion, Recht und Sitte eng miteinander verbunden. Ein Ehekontrakt wird vor dem Notar im Haus der Braut unterzeichnet, und dem Zug ins Haus des Bräutigams folgt ein großes Bankett.
Tod: Dem Sterbenden wird noch einmal das Bekenntnis ins Ohr geflüstert. Nach dem Tod wird der Leichnam vollständig gewaschen, in ein weißes Tuch gehüllt und zur Moschee oder zum Friedhof getragen. Das Grab soll einfach und schmucklos sein. Der Tote wird im weißen Tuch so ins Grab gelegt, dass er auf der rechten Seite liegt und mit dem Gesicht nach Mekka schaut.
Die meisten Muslims gehören der sunnitischen Richtung an, die traditionsgebunden und nüchtern auf Einhaltung der rechtlichen Vorschriften und auf öffentliche Geltung ausgerichtet ist.
Die schiitische Richtung hat ihren Ursprung in den Nachfolgestreitigkeiten nach Mohammeds Tod. Ihre Anhänger sehen Ali, den Vetter und Schwiegersohn Mohammeds als den von Gott bestimmten Nachfolger (Kalifen). Sie wurden von der Mehrheit an die Ränder der islamischen Territorien gedrängt (Libanon, Irak, Iran). Bei ihnen genießt der Imam (Vorbeter) und besonders seine Auslegung des Korans hohe Autorität. Das ermöglicht den Schiiten einen flexiblen Umgang mit den im Koran fixierten Gesetzen.
Unter den Schiiten ist die alevitische Richtung von einer besonderen Verehrung Alis bestimmt. Er gilt als Offenbarung des vollkommenen Menschen, an dem sich die Menschen in ihrem Leben und Glauben auszurichten haben. Etwa 15% der Muslisme türkischer Herkunft sind Aleviten.