Vom Biblischen zum Pädagogischen
1. Wege von grundlegenden biblischen Botschaften zu pädagogischen Grundmerkmalen
Das erste Kapitel in ‚Hoffnung Leben’ setzt mit einer biblischen Grundlegung ein, führt sie weiter zu pädagogischen Zuspitzungen und schlägt damit auch eine Brücke zu den acht Grundmerkmalen, die sich als „Leitmelodie“ durch die folgenden beiden Kapitel ziehen.
Erzählen von Gott
Von Gott reden heißt vom Menschen reden – nämlich von Gottesbegegnungen und –erfah-rungen, die Menschen machten und immer noch machen, die in der Bibel überliefert sind und uns auch heute angehen und ansprechen. In ihnen geht es um das, was in solchen Begegnun-gen auf uns zukommt, uns in Bewegung bringt, lebendig macht, aufrichtet und stärkt, Orien-tierung und Weisung gibt. Überlieferte Glaubenserfahrungen fordern uns auf, uns zu ihnen in Beziehung zu setzen: Was erfahren wir in ihnen über Gott und Konsequenzen für unser eige-nes Leben? Wie banden und binden wir das von Gott Erzählte in die eigene Lebensgeschichte ein? Wie verstehen und deuten wir es für uns selbst?
Daraus ergibt sich folgerichtig, dass im Kapitel 1 mit Anregungen zum Gespräch die je eigene Biografie ins Spiel kommt. Und auch weiterhin wird immer wieder die Klärung des eigenen Verständnisses angeregt. Es ist ein wichtiger roter Faden: Die Person der Erziehenden ist ge-fragt, mit deren eigenen Positionen, Meinungen, Überzeugungen.
Vom Erzählen von Gott führt der Weg weiter zum staunenden, forschenden, neugierigen Nachdenken der Kinder, wie sich Gottes Wirken in der Welt zeigt, welche Vorstellungen wohl Gott angemessen sind und uns angesichts des Geheimnisvollen, Unergründlichen immer wieder neu herausfordern - damit zu den Grundmerkmalen ‚Neugier’ und ‚Sinn für Geheimnisvolles’.
Erzählen vom Menschen
Biblische Erzählungen von Gott sind wie ein Spiegel, in dem wir und selbst sehen können. Wir erkennen uns als von Gott beschenkte Menschen: beschenkt mit der Einmaligkeit und Einzigartigkeit unseres Lebens, mit Segenszusagen, die uns begleiten. Es geht im Erzählen vom Menschen um Erfahrungen, wie die Beziehung zu Gott grundlegendes Vertrauen schenkt und zur Eigenständigkeit der individuellen Persönlichkeit befreit, von dort aus weiter zu den zwischenmenschlichen Bindungsbeziehungen und dem, was Menschen stark macht.
Von den pädagogischen Zuspitzungen führt dieser Abschnitt weiter zu den konstitutiven Grundmerkmalen der persönlichen Identität: ‚Grundvertrauen’ und ‚Selbständigkeit’.
Erzählen vom Zusammenleben der Menschen
Zum Menschsein gehört das Zusammenleben in Gemeinschaft. Auch dazu gibt uns biblische Erfahrungsorientierung im Zusammenspiel von göttlicher Autorität und menschlicher Ver-antwortung wichtige Anregungen. In ihm gründet das Suchen nach tragfähigen Wertvorstellungen, die den pädagogischen Alltag begleiten.
Im Erzählen vom Zusammenleben der Menschen geht es darum, wie von Gott gegebene Maß-stäbe gerade nicht zur Autoritätsmoral führen, sondern zu der jeweiligen eigenen Verantwor-tung für das Geschenk der Gemeinschaft. Dazu gehört auch, eigene Grenzen anzunehmen, die sich gerade im Miteinander deutlich zeigen. Und das führt pädagogisch weiter zu den Erfah-rungen von Verfehlung und Neuanfang, zu einer von Perspektiven des Gelingens getragenen Konfliktfähigkeit und von Verantwortungsbereitschaft, welche die den Kindern gegebenen Fähigkeiten zu Empathie und Mitgefühl aufnehmen und in ihrer Wirksamkeit stärken.
Das ist der Weg zu den Grundmerkmalen ‚Verantwortungsbewusstsein’ und ‚Mit Grenzen leben – Schuld und Vergebung’.
Erzählen vom Sinn des Lebens
Biblische Erzählungen laden zur Identifikation mit Menschen ein, die in Glaubenserfahrungen hilfreiche Antworten auf die Fragen nach dem Sinn des Lebens gefunden haben. Es sind die Fragen nach dem, was unseren Erfahrungen Gewicht gibt, was uns hilft, eigenes Erleben mit tragfähigen Deutungen zu verbinden. Was bestärkt in uns die Kostbarkeit unseres je eigenen Lebens und eröffnet uns Ziele und Ausrichtungen? Wie können wir diese Kostbarkeit durch die mancherlei Krisen hindurch bewahren?
Im Erzählen vom Sinn des Lebens geht es damit um das, was unser Leben überhaupt aus-macht. Es geht um Ausrichtung und Perspektive, um Bilder einer Welt, die Zukunft hat, in der wir leben können. Sie begegnen uns in den tiefen und auch phantasievollen Bilder des Glau-bens, den Bildern von Gottes neuer Welt, auf die wir zugehen.
Pädagogisch gewendet sind das innere Bilder von Erwartungen an das Leben und Hoffnun-gen, die es in den Mädchen und Jungen zu fördern und zu begleiten gilt. Menschen brauchen – auch gegen die niederdrückenden Erfahrungen - Bilder der Hoffnung und Zuversicht. Sie brauchen auch Ausdrucksformen, in der diese Bilder Gestalt gewinnen, in Phantasie und Kre-ativität, in Fest und Feier. Damit führt uns das Erzählen vom Sinn des Lebens zu den Grundmerkmalen ‚Phantasie und Kreativität’ und ‚Hoffnung’.
Weiter zum 2. Kapitel: Zusammenwirken theologischer und pädagogischer Sichtweisen