Mit dem Heiligen Geist beschenkt werden:
Taufe als Gottes Gabe und als eigenes Ja zum Glauben

1.  Meinungen und Fragen

-  Ist das Taufwasser heilig?
-  Die Taufe ist bloß ein Zeichen für den Glauben
-  Sind ungetaufte Kinder von der Beziehung zu Gott und zum "Heil" ausgeschlossen?
-  Die Kinder sollen später selbst entscheiden, ob sie getauft werden wollen
-  Vielleicht nützt es etwas, wenn wir unser Kind taufen lassen.
    Schaden wird es bestimmt nicht!

2. Theologische Gesichtspunkte

Wo immer die Botschaft von Gott und von Jesus Christus zum Wirken kommt, wo sie Menschen er­greift und erfüllt, dort erkennen Christen das als Wirken des Hl. Geistes. Auch im Verständnis der Taufe hat das Beschenkt-Werden mit dem Heiligen Geist von Anfang an große Bedeutung gehabt. Dies führte im Verlauf der Kirchengeschichte sogar zu einer Trennung zwischen den Sakra­menten der Wassertaufe und der Geistverleihung (Firmung). Im Taufsegen klingt beides an: "Gott, der dich zu einem neuen Leben geboren hat durch das Wasser und den Heilige Geist".

Der Heilige Geist ist ein Geschenk Gottes. Wir können ihn nicht in uns selbst hervorbringen. In vielen Religionen gibt es taufähnliche Wasser- und Waschriten. Immer aber vollziehen sie dort die Gläubigen selbst an sich. Erst mit Johannes dem Täufer wird die Taufe durch einen anderen voll­zogen. wird sie einem gegeben. Dass die Taufe eine Gabe von Gott ist, kommt be­sonders in der Praxis der Kindertaufe zum Ausdruck, die seit dem dritten Jahrhundert bekannt ist. Das kleine Kind kann von sich aus nichts dazu tun, es ist ganz und gar darauf angewiesen, dass ihm das für seinen Glauben Wichtige von Gott geschenkt wird. Gottes Gabe geht allem voraus, was wir tun können.

Allerdings droht damit auch eine Vereinseitigung: Taufe wird zu einer Handlung, bei der die Empfangenden selbst passiv sind; sie erscheint wie ein Mittel, das einem verab­reicht wird. So konnte nicht ausbleiben, dass die Taufe auch magisch missverstanden wurde: als ein Heilszeichen mit besonderer Kraft, das an einem vollzogen wird. Die so verstandene Taufe soll das Leben schützen vor Misserfolg und Unglück. Auch wenn es in der Welt der Religionen viele Beispiele für die schützende Kraft gibt, die Gegenständen oder Handlungen innewohnen, so muss doch die Be­deutung der Taufe davon deutlich unterschieden werden.

Aus diesem Grund ist zugleich am entgegengesetzten Aspekt des Taufverständnisses festzuhalten, wonach der Täufling seine Taufe bewusst als ein wichtiges Zeichen für den eigenen Glauben er­greifen soll.

„Wasser tut's freilich nicht, sondern das Wort Gottes, so mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, so solchem Worte Gottes im Wasser trauet; denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlicht Wasser und keine Taufe, aber mit dem Wort Gottes ist's eine Taufe, das ist ein gnaden­reich Wasser des Lebens und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist.“

Martin Luther im Kleinen Katechismus

 

Mit der Ent­scheidung für den christlichen Glauben geht die Entscheidung zur Taufe und mit ihr zu einer bewussten Lebensführung im Glauben einher. So war es zu­nächst in den Anfängen der Taufe in der frühen Christenheit. Die Taufe war hier der Abschluss der persönlichen Hinwendung zu Je­sus Christus, in ihr fand diese Entscheidung ihren hervor­gehobenen Ausdruck. Den alten Göttern wurde abgeschworen, in der Taufe wurde "Jesus Christus" angezogen, wie Paulus es ausdrückt. So ist gut verständlich, dass in bestimmten Kir­chen, z.B. bei den Baptisten, nach wie vor die Er­wachsenentaufe praktiziert wird, und manche überzeugte Christen warten mit ihrer Taufe bzw. der ihrer Kinder bewusst so lange, bis eine selbständige Entscheidung für oder gegen die Taufe gefallen ist.

Aber auch hier droht ein Miss­verständnis: Wird damit die Taufe nicht zu sehr zu einem menschlichen Werk, zu einem selbst­vollzogenen Ausdruck des "echten" Glaubens? Was ist dann noch das Besondere dieses Sa­kraments?

Ä Sind Sie schon magischen Mißverständnissen der Taufe begegnet?

Ä Wie kann Ihrer Meinung nach die Taufe als Geschenk Gottes und zugleich ihre Verbindung mit dem Glauben festgehalten werden?

Ä Welche dieser Gesichtspunkte möchten Sie mit Ihren theologischen Gesprächspartnerinnen und -partnern weiter bedenken?


3.  Problemanzeige und Lösungsansatz

Das Problem Kindertaufe oder Erwachsenentaufe ist kaum lösbar. Das besondere Geschenk zum Glauben droht in der gängigen volkskirchlichen Praxis der Kindertaufe bei den meisten zu einer unverstandenen Handlung ohne Folgen zu verkommen, die Taufe droht ihre Bedeutung zu verlie­ren, das Taufversprechen der Eltern und Paten hat kaum mehr Gewicht. Umgekehrt gilt im Blick auf die Erwachsenentaufe: Wer könnte Maßstäbe dafür aufstellen, wann eine Ent­scheidung für den Glauben echt ist? Würden mit der Bindung an den vorausgesetzten "echten" Glauben nicht Schranken der Gesetzlichkeit aufgerichtet, von denen sich viele der Suchenden abgeschreckt füh­len und auch das Wesen des Glaubens missverstehen müssten?

„Wie in der Missionssituation das Verhältnis von Taufe und Glaube in dem Vorherrschen der Taufe Erwachsener gelöst wird, so in der volkskirchlichen Situation in dem Vorherrschen der Kindertaufe. Beide Möglichkeiten sind in die Freiheit und Verantwortung der Gemeinde gege­ben und werden je nach der geistlichen Lage der Gemeinde, nach dem Glauben der Gemeinde und nach ihrer Situation in der Welt geübt werden. Taufmißbrauch ist ebenso dort, wo die Kindertaufe unter Vernachlässigung der strengen Beziehung auf den Glauben der Gemeinde geübt wird, wie dort, wo der Glaube der Erwachsenen zum Werk wird, auf dem die Gültigkeit der Taufe beruhen soll.“
Dietrich Bonhoeffer

 

Wir nehmen deshalb ein Erzählen von der Taufe in den Blick, in dem die Getauften immer wieder erfahren und entdecken können, was ihnen mit der Taufe geschenkt ist und wie diese Gabe doch auf die eigene Aneignung angelegt ist.
Gleichzeitig sind die Nichtgetauften eingeladen, dieses Geschehen in seinen verschiedenen Aspekten kennenzulernen, ohne sich zu­rückgesetzt fühlen zu müssen. Situationen und Ge­legenheiten stehen hier im Mittelpunkt, bei denen immer wieder einmal die Taufe ins Blick­feld gerückt, ins Gespräch gebracht werden kann.

Wir gehen von Geschichten aus, die keine Voraussetzungen fordern, für die sich alle inter­essieren können, die sich auch gut in die sonstigen religionspädagogischen Aktivitäten ein­fügen können. Alle lernen die Taufe kennen, allen kann sie durch Wiederholendes und wechselnde Aspekte vertrauter werden, alle können sie dieses Sakrament wahrnehmen als eine ganz besondere Verdeutlichung dessen, was Glau­ben uns schenken kann, allen ist auf diese Weise eine wichtige Tür zum Glauben geöffnet, die auch das eigene Engagement an­spricht. Der Geschenkcharakter der Taufe bleibt im Vorder­grund, und doch geht es um die eigene Aktivität des Annehmens.

Zusammenfassung

Taufe und Glauben gehören zusammen. In der Taufe erscheint in ver­dichteter und eindrücklicher Form, was für unseren Glauben bestimmend ist, aber dieses her­ausgehobene Geschehen hat nichts anderes zum Inhalt, was auch sonst ein Leben im Glauben kennzeichnet. Sie vollzieht keine ge­heimnisvolle Veränderung im Täufling, sondern sie ver­deutlicht an einem zentralen Punkt, was Glauben ist, was es heißt, in der Beziehung zum drei­einigen Gott zu stehen. Die einmal vollzo­gene Taufe lebt in den alltäglichen Vollzügen des Glaubens. Nach einer Aussage Martin Luthers sollen wir jeden Tag aufs Neue in unsere Taufe "hineinkriechen", sind wir eingeladen, die Taufe so jeden Tag zu leben.

In den Taufgeschichten sind deshalb viele Beziehungen zwischen Taufe und Glauben ange­legt. Wir umgeben die Taufsymbolik noch dazu mit einem Kranz erschließender Zeichen und Symbole, verbinden sie mit den Taufgeschichten, bringen zum Ausdruck, inwiefern sie Weg­weiser sind in den Alltag des Glaubens hinein. In vielen begleitenden Deutungen erfah­ren die Kinder, wie die Taufzeichen Mut machen zu einem Leben im Glauben, wie sie uns den Reich­tum unserer Beziehung zu Gott erschließen. 

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