Vorüberlegungen
1. Taufgeschichten sind "Festgeschichten": Sie geben den Inhalten der kirchlichen Feste eine wichtige Ausrichtung und regen dazu an, bei den kirchlichen Festen im Jahreskreis auch an die Taufe zu erinnern
Die folgenden praktischen Erzählanregungen sind so angelegt, dass die Taufgeschichten auch an die Inhalte der kirchlichen Feste anknüpfen können und ihnen damit eine besondere Zuspitzung geben. Sie nehmen etwas auf, was beim Bedenken dieser Feste nicht übersehen werden sollte, und was ganz besonders mit dem Ereignis der Taufe ins Blickfeld rückt. Wo es um "die großen Taten Gottes" geht, die wir an Weihnachten, Ostern und Pfingsten feiern, bekommt damit auch das Bedenken der Taufe ihren festen Ort.
Die Taufgeschichten nämlich machen uns auf wichtige Ausblicke aufmerksam, die sonst beim Feiern der Feste oft zu kurz kommen. Mit ihnen wenden wir uns von dem Außergewöhnlichen, das an Weihnachten, Ostern und Pfingsten geschah, zurück zum alltäglichen Leben, das sich daran anschloss. Wir verfolgen mit den Taufgeschichten die Spuren des Besonderen der "großen Taten Gottes" in die weiteren Lebensvollzüge der damals beteiligten Menschen hinein. Die Taufe ist das Zeichen, mit dem das in den Festen bedachte Besondere, Wunderbare, Geheimnisvolle weitergetragen wird in das "normale" Leben.
- Die Geschichte von Jesu Taufe markiert nach den Geburts- und Kindheitsgeschichten des Matthäus- und Lukasevangeliums einen Neuansatz mit dem erwachsenen Jesus. Sie ist damit die Wendestelle vom Kind Jesus zum Erwachsenen. Sie verdeutlicht, dass aus dem Kind in der Krippe inzwischen ein erwachsener Mensch geworden ist, der nun mit seinem Auftrag in das Licht der Öffentlichkeit tritt. Ohne diese Perspektive bliebe das Feiern des Kindes in der Krippe einseitig - und sie gibt uns die Möglichkeit, mit der Taufe bekannt zu machen bzw. sie in Erinnerung zu bringen.
- Die Geschichte vom Abschied des Auferstandenen von seinen Jüngern und deren Sendung hat auch die Aufforderung zum Taufen zum Inhalt. Sie kennzeichnet die Wende vom Zusammensein der Jüngerinnen und Jünger mit Jesus zum Leben im Vertrauen auf sein unsichtbares Gegenwärtigsein. Der Auftrag zum Taufen bringt das österliche Geschehen zum Abschluss und verdeutlicht noch einmal, worum es in dem Bekenntnis zur Auferstehung Jesu geht: All das, was durch den irdischen Jesus geschah, ist mit Jesu Tod und seiner Unsichtbarkeit als Auferstandener nicht zu Ende. Es behält seine Kraft und Gültigkeit. Das Befreiende und Mutmachende, das die Menschen in Jesu Wirken erlebten, bleibt bestehen und findet seine Fortsetzung in der unsichtbaren Gegenwart Jesu Christi, der bei Gott lebendig ist. Christus. Die Taufe ist ein unverzichtbares Zeichen dieser Gegenwart.
- Die Taufgeschichten der Apostelgeschichte wie z.B. die von der Taufe des Kämmerers aus Äthiopien und die von der Taufe der Lydia aus Philippi kennzeichnen die Wende vom Pfingstereignis zu den ermutigenden Erfahrungen, dass Gottes Geist auch fortan wirklich erlebt werden kann. Sie führen von dem überwältigenden Erleben des Hl. Geistes zu der Gewissheit, dass es auch weiterhin immer wieder zu befreienden, ermutigenden Erfahrungen mit dem unsichtbaren Christus, mit dem Wirken seines Geistes kommen wird. Die Taufgeschichten der Apostelgeschichte bestätigen die in dem Pfingstereignis erlebte Wirkung des Hl. Geistes auch in weniger spektakulären Vollzügen: Menschen, die bisher keinerlei Beziehung zu Jesus hatten, erfahren an sich selbst das Befreiende seiner Botschaft.
Taufgeschichten können so die Jesusüberlieferung ordnen, strukturieren. Kinder können Zusammenhänge entdecken zwischen Kindheit und Erwachsensein Jesu, zwischen seinem irdischen Gegenwärtigsein und seinem nachösterlichen Versprechen, zwischen dem Hereinbrechen von Gottes Geist und seinem beständigen Wirken.
Und eben diese Wendepunkte im Wirken von Jesus und seiner Botschaft bieten sich an als Gelegenheit zur Tauferinnerung: Das Befreiende der Geschichten von Jesus, ihre Gültigkeit für alle Menschen verdichtet sich im Zeichen und Geschenk der Taufe. An den "Wendestellen" wird in besonderer Weise bewusst, dass wir alle dazugehören können zu dem, was wir gemeinsam gefeiert haben - die Taufgeschichten verdeutlichen das für die Getauften wie die Ungetauften.
Die Erzählanregungen machen Vorschläge, wie die Verknüpfung mit den zugehörigen Festen gestaltet werden kann.
2. Taufgeschichten sind "Mutmachgeschichten: Sie erzählen von einem wichtigen Neuanfang der Hauptpersonen, von dem, was sie darin bestärkt hat, Neues zu wagen.
In der Anleitung zum Erzählen " werden biblische Geschichten u.a. als "Mutmachgeschichten" vorgestellt. Sie erzählen davon, wie der Aufbruch zu Neuem herausfordert und gelingt. Dies gilt auch für die Taufgeschichten. In jeder dieser Erzählungen geht es um einen Neubeginn, zu dem die Kinder auch von ihren eigenen Erfahrungen her Zugang finden können, und der doch zugleich viel weiter reicht als die selbst erlebten Neuanfänge.
- Beim Erzählen geht es immer um einzelne Personen, in die wir "hineinschlüpfen", aus deren Sicht wir das Geschehene mitverfolgen, an deren Gefühlen wir Anteil gewinnen, mit denen wir mitleiden und uns mitfreuen: Jesus, die Jünger, der Kämmerer und Lydia. An ihnen erleben wir mit, was die Botschaft von Gott in einem Leben bewirken kann. In unseren Taufgeschichten erlebt jede dieser Personen eine ganz bestimmte Herausforderung und einen ganz besonderen Neuanfang.
- Jesus und die Jüngerinnen und Jünger kennen wir als Boten des Evangeliums, als Vermittler der befreienden Botschaft von Gott. Zuerst aber geschieht diese Botschaft an ihnen selbst. Davon erzählen die Taufgeschichten. Sie erleben die gute Nachricht von Gott hautnah an sich. Sie bekommen eine Zusage von Gott, die ihrem Leben eine neue Ausrichtung gibt, sie spüren in Zeichen, die an ihnen geschehen, Gottes Nähe.
Die Erzählanregungen helfen mit, sich in die Hauptpersonen der Geschichte hinein zu versetzen und das Zeichen der Ermutigung mitzuerleben.
Auf einen Blick: Tauferzählungen als Fest- und Mutmachgeschichten
Die Weihnachtsgeschichte erzählt vom kleinen Kind Jesus.
Die Geschichte von der Taufe Jesu zeigt uns den erwachsenen Jesus.
Sie lässt uns vorausblicken auf den Weg, den Jesus mit Gott gehen wird, auf seine Aufgaben und Herausforderungen.
Die Geschichte von der Sendung der Jünger erzählt, dass Jesus Christus unsichtbar bei uns ist.
Sie lässt uns vorausblicken auf den Weg der Jüngerinnen und Jünger, den sie allein und doch begleitet von Jesus Christus in seiner unsichtbaren Gegenwart gehen werden.
Die Pfingstgeschichte erzählt in großartigen Bildern vom Wirken des Heiligen Geistes.
Die Taufgeschichten des Kämmerers und der Lydia erzählen, wie der Hl. Geist in einzelnen Menschen zum Wirken kommt.
Sie lassen uns vorausblicken auf den Weg, den sie an ihren Orten weitergehen werden, und auf dem sie verbunden bleiben mit all den anderen, die auch an Jesus Christus glauben.
3. Taufgeschichten sind "Hinweisgeschichten": Zurückblickend und vorausschauend erzählen sie das Besondere an Jesu Worten und Taten
In vielen Geschichten des Neuen Testaments steht die heilsame Zuwendung Jesu zu einzelnen Menschen im Mittelpunkt. So kennen wir es beispielsweise aus den Wundergeschichten. Im Unterschied dazu ziehen Taufgeschichten weitere Kreise. In ihnen geht es darum, wie das Handeln und Wirken Jesu begann, wie es immer mehr Menschen erfasste. In ihnen verfolgen wir mit, wie die gute, helfende, befreiende Botschaft von Gott zu den Menschen kommt, bei ihnen wirksam bleibt, immer mehr Menschen davon ergriffen werden.
- Es sind "Rahmengeschichten", sofern sie über das Wirken der Botschaft Jesu Auskunft geben. Sie erzählen von Menschen, durch die diese Botschaft weitergetragen wurde. Damit rückt besonders deutlich ins Blickfeld, welche Kraft und Reichweite in dieser Botschaft steckt, wie gut es ist, daß sie bis zu uns heute ihre Gültigkeit hat, daß die Geschichten von Jesus wirklich auch unsere Geschichten sind.
- Der Inhalt der Botschaft, wie wir sie in Jesu Wirken unter den Stichworten der Vertrauensgeschichten, Erwählungsgeschichten, Wundergeschichten näher kennen gelernt haben, " wird in den Taufgeschichten in nur wenigen Sätzen umrissen. Bei den Kindern wird damit entweder Neugier geweckt auf die Geschichten von Jesus, oder sie werden an sie erinnert. Die erzählerische Herausforderung besteht vor allem darin, solche Zusammenfassung anschaulich und unter Vermeidung schwieriger theologischer Begriffe zu erzählen.
- Diese Vorschau bzw. Rückblicke auf Jesu Worte und Taten werden in den Taufgeschichten mit dem Ereignis der Taufe verbunden. Die Erzählungen machen die Taufe bekannt als ein wichtiges Zeichen, das für die Kraft und Reichweite der Botschaft von Gott steht, die Jesus den Menschen nahegebracht hat.
Die Erzählanregungen machen Vorschläge, wo und wie die Ausblicke auf das Leben Jesu sinnvoll sind.
In diesen Geschichten werden die Zuhörenden mit wichtigen Bedeutungen der Taufe bekannt gemacht. Im Laufe der Geschichte des christlichen Glaubens haben sich unterschiedliche Deutungen der Taufe herauskristallisiert. In ihrer theologischen Gestalt sind sie oft nur schwer zugänglich. Im vierten Teil, den theologischen Erschließungen, werden Zugänge zu ihrem Verständnis angeboten.
Aber auch in den Taufgeschichten sollen sie einen religionspädagogisch angemessenen Niederschlag finden können:
- In all diesen Geschichten geht es um Zuspruch und Versprechen. Sie bringen uns die Bedeutung des Taufsegens näher.
- Es geht vielfach um einen Neuanfang. Die Taufsymbolik hat viel mit Sündenvergebung und Neuanfang zu tun. Im Erzählen kann
dies verständlicher werden.
- In den Geschichten erleben die Menschen, wie sie durch die Taufe in die größere Gemeinschaft der Glaubenden
hineingenommen werden.
- Mit der Taufe Jesu wird der Hl. Geist zugesprochen. In den Geschichten kann zugänglich werden, was damit gemeint ist.
- Mit den Geschichten erleben die Zuhörenden, daß die Taufe das Zeichen des Verbundenseins mit Jesus Christus ist.
Die Erzählbeispiele vermitteln Anregungen, wie in den Taufgeschichten ausgewählte theologische Bedeutungen miterzählt werden können.