Erzählung zu: Gemeinsam an einem Tisch (Markus 14,12ff.)

Ziele

  • Sich mit der biblischen Abendmahlsszene im Zusammenhang der Passionsgeschichte vertraut machen
  • Im gemeinsamen Essen und Trinken Erinnerungen an frühere Mahlfeiern wecken, die Jesus mit Menschen hatte
  • Im Rahmen der Geschichte dieses festlichen Abends die folgenden Ereignisse von Tod und Auferweckung Jesu in den Blick nehmen

Vorüberlegungen

Der Abend vor Jesu Verurteilung und Tod ist einem festlichen Abendmahl gewidmet
Wesentliche Aspekte des Passionsgeschehens werden in dem folgenden Erzählvorschlag aus dem Erleben der festlichen Tischgemeinschaft heraus entwickelt.

  • Da ist zum einen die angespannte Situation in Jerusalem, die so anders ist als bei den gemeinsamen Wegen am See Genezareth in Galiläa. Hier deutet sich Schlimmes an, das es zu bewältigen gilt.
  • Das Gedächtnismahl wird hier nicht auf Israels Gedenken der Befreiung aus der ägyptischen Gefangenschaft bezogen (das wäre für die Kinder wohl zu komplex), sondern auf frühere Mahlfeiern mit Jesus im Zusammenhang seines Wirkens.
  • Zu dem festlichen Rahmen passt auch gut die im Johannesevangelium überlieferte Fußwaschung, in der Jesus, der Lehrer, in die Rolle des Dieners schlüpft. Dieser Teil der Erzählung ist zwar für den Gesamtzusammenhang durchaus verzichtbar, stellt aber für Erzieherinnen, die nach Abwechslung suchen, entsprechende Ideen bereit.
  • Bezüge zur Eucharistie- bzw. Abendmahlsfeier werden ganz und gar aus dem Erzählzusammenhang heraus gewonnen. Es geht ja in der Regel nicht um eine sakramentale Feier mit den Kindern, sondern eine Annäherung daran, wie sich mit diesem Essen und Trinken die Erinnerung an Jesus und die weiterwirkende Erfahrung seiner Nähe verbinden.
  • So weist diese Mahlfeier neben der Rückschau auf früheres Wirken Jesus nicht nur auf seinen kommenden Tod hin, sondern auf das Neue, das mit seiner Auferweckung von den Toten Anlass für neue Freude und neuen Aufbruch sein wird.
  • In den Abendmahlüberlieferungen hat die Person des Judas ihren besonderen Ort: er wird von Jesus als der Verräter entlarvt. Diese Erzählfacette ist für den Gesamtzusammenhang nicht zwingend. Aber wo Kinder – etwa anhand von Bildern – darauf stoßen, sollte seine besondere Rolle in dem Geschehen nicht ausgeklammert werden. Im Folgenden begegnet er nicht als der Böse, der Verräter, sondern als einer, der um durchaus nachvollziehbarer Interessen willen. Hochriskantes auf sich nimmt – und scheitert.

Erzählanregung

I
Es sind erst wenige Tage her, seit Jesus mit seinen Freunden nach Jerusalem zog und dort von einer großen Schar von Menschen jubelnd begrüßt wurde. Jetzt bereiten sie gemeinsam einen festlichen Abend vor. „Also diese große Stadt“, meint Simon, „die kann einem schon ganz schön zu schaffen machen. Alles ist voll von Menschen, die hier das Fest der Erinnerung feiern wollen, das ist alles andere als gemütlich“. – „So ist das eben mit einem Fest“, antwortet Andreas, „da kommen immer viele hierher, so wie wir ja auch!“ Ihr Freund Taddäus meint: „Aber am See Genezareth, da war es doch viel ruhiger und angenehmer. Auch in der Stadt Jericho war es nicht so voller Leute wie hier“. Andreas sagt darauf: „Wenn ich daran denke, was wir da alles mit Jesus erlebt haben, wird es mir ganz warm ums Herz!“ – „Uns geht es genauso“, antworten die anderen. Und während sie so alles für den festlichen Abend herrichten, erzählen sie sich gegenseitig von ihren schönen Erlebnissen mit Jesus. „Wisst ihr noch?“, so fängt immer wieder einer an und erzählt dann, wie Menschen zu Jesus gekommen sind, wie er mit ihnen gesprochen und wie er auch Kranke geheilt hat. Hier in der großen Stadt ist alles anders. Da drängen sich die Leute in den Straßen und Gassen, und dazwischen sorgen römische Soldaten dafür, dass es kein Durcheinander gibt. Aber in dem Haus, das sie für ihre Feier gemietet haben, ist es ruhig und angenehm. „Ist euch auch aufgefallen“, meint Jakobus, „dass Jesus so ernst ist, seit wir hier in Jerusalem sind?“ Die anderen nicken. „Vielleicht ist auch für ihn der ganze Trubel zu viel“, meint Andreas. „Oder hat er etwas Bestimmtes vor? Wenn er mit den Hohepriestern reden und ihnen seine Geschichten von Gott erzählen will, dann wird er sich schwer tun! Die mögen es überhaupt nicht, wenn einer so selbständig und ohne ihre besondere Erlaubnis von Gott erzählt!“ Dann arbeiten sie wieder weiter, richten die Sitzkissen am Boden her, stellen die kleinen Tischchen davor und decken sie mit Geschirr.

II
Bevor sich die Gäste bei einem Abendessen um die Tische herum lagern, ist es üblich, dass ihre Füße in einem angenehmen Fußbad gesäubert und erfrischt werden. Das tut den Füßen nach dem Gehen auf staubigen Straßen und in den einfachen Sandalen gut. Die Jünger schauen einander fragend an: Wer von ihnen könnte wohl diese Aufgabe übernehmen? Aber bevor sie zu einem Ergebnis kommen, tritt Jesus zu ihnen mit einer Schüssel und einem Wasserkrug und beginnt mit dieser Arbeit. Den Jüngern ist das unangenehm. Und Simon sagt: „Jesus, das können wir nicht zulassen, dass du das tust. Das ist doch die Sache eines Dieners! Du bist doch unser Chef! Das muss doch jemand anderes machen!“ Aber Jesus antwortet: „Ich bin euer Chef und zugleich euer Diener. Denn all das, was ihr mit mir erlebt habt, das habe ich für euch und für die Menschen getan, die zu mir gekommen sind. Gott hat mich dazu bestimmt, ein Diener der Menschen zu sein. Dieser Dienst ist der Auftrag für mich, und den werde ich bis zum Schluss erfüllen, auch wenn er für mich sehr schwer werden wird“. Was Jesus da ganz zum Schluss gesagt hat, das haben die Jünger nicht recht verstanden, aber sie lassen sich jetzt gerne von Jesus die Füße baden. Das verstehen sie gut, dass Jesus der Diener Gottes und damit auch ein Diener der Menschen ist.

III
Dann ist es soweit. Das festliche Essen beginnt. Brotfladen liegen bereit, Wein steht in einem Krug auf dem Tisch, dazwischen sind Kräuter und Obst hergerichtet. Schön ist es, alle genießen das Beisammensein. Munter sind die Gespräche, und dann erzählen sich die Freunde, wie sie auch schon früher mit Jesus zusammen gegessen und gefeiert haben. „Erinnert ihr auch noch an den Zöllner Zachäus“, fragt Thomas die anderen, „den keiner leiden konnte, und der immer nur alleine zuhause war. Wie wir mit Jesus bei ihm waren und ein rauschendes Fest gefeiert haben!“ – „Weil Jesus dabei war, war dieses Abendessen bei Zachäus etwas ganz Besonderes“, ergänzt Andreas. „Die Augen des Zachäus haben geleuchtet!“ Simon schaut zu Jesus hin und sagt: „Wenn Jesus dabei ist, wird jedes Essen zu einem Festessen. Da fühlt man sich wohl, da geht es einem gut!“

„Erinnert ihr euch noch an das große Essen im Freien auf dem Berg?“ fragt Matthäus. „Als die Leute hungrig wurden, und du, Jesus, uns aufgefordert hast, mit ihnen unsere Vorräte zu teilen! Zuerst fand ich das ja total verrückt, es waren doch so viele Leute! Aber dann hast du das Brot genommen, den Segen gesprochen, es auseinander gebrochen, und wir haben es verteilt. Das werde ich nie vergessen!“ Simon erzählt weiter: „Du warst mitten unter uns, hast das Brot geteilt, wir haben es weitergereicht, und die Leute haben gegessen, freundlich, zufrieden. Jesus, du hast sie satt gemacht, mit deinen Worten und Geschichten, mit dem Brot aus deinen Händen. Das war einfach wunderbar“. Und Magdalena fragt: „Jesus, wann machst du so etwas wieder?“

IV
Jesus als der Hausvater in der Runde nimmt dann einen Brotfladen, bricht ihn auseinander und sagt: Nehmt das Brot und teilt es unter euch weiter! In dem Brot aus meinen Händen bin ich selbst mitten unter euch da. Mit dem Brot aus meinen Händen werde ich immer mitten unter euch sein!“ – „Wie meinst du das?“ fragt Thomas. „Was ich jetzt zu sagen habe, wird euch erschrecken“, sagt Jesus dann. „Mein Leben geht hier in Jerusalem zu Ende. Ich werde sterben!“ Entsetzt fahren die Jünger hoch und rufen durcheinander: „Das darf nicht sein! Wir brauchen dich doch noch! Ohne dich sind wir hilflos! Was sollen wir denn ohne dich tun?“ Dann spricht Jesus weiter, und alle hören ganz genau und aufmerksam zu, was er sagt: „Ich muss euch verlassen, aber ich werde dann von Neuem lebendig sein, bei Gott und bei euch, überall auf der Welt und in euren Herzen! Und wenn ihr dann das Brot brecht, so wie ich es getan habe, und meine Worte sprecht, dann bin ich in dem Brot, das ihr teilt, mitten unter euch da!“ – „So wie jetzt?“ fragt Thomas. „In euren Herzen werde ich da sein, wie jetzt“, wiederholt Jesus. Und er sagt weiter: „Vergesst das nicht. Wenn ihr das Brot brecht, so wie jetzt, dann bin ich mitten unter euch da!“
Und dann nimmt Jesus auch den Weinkelch und sagt: „So wie der Wein fließt, so wird auch mein Blut fließen. Aber wenn ihr den Wein teilt und an mich denkt, dann bin ich bei euch da, unsichtbar, aber lebendig und voller Kraft in euch!“

V
Lange Zeit reden die Freunde Jesu gar nichts. Was er gesagt hat, das wühlt in ihnen. Sie können es noch gar nicht recht verstehen. Dann meint Andreas zögernd: „Das heißt, du lässt uns nicht allein. Du bist dann lebendig in einem neuen, anderen Leben und auch dann bei uns?“ Jesus nickt. „Und wir werden das wirklich so erleben?“ fragt Thomas weiter. Wieder nickt Jesus zustimmend. „Ihr werdet wieder miteinander feiern, essen und trinken, ihr werdet fröhlich sein, singen und lachen. Ihr werdet auch mit vielen anderen Menschen so feiern, so wie auf dem Berg damals oder wie beim Zachäus in Jericho, und ihr werdet dabei spüren, dass ich da bin mit meinen Worten und Gedanken – in euren Worten und Gedanken“. – „Wenn wir jetzt essen und trinken, denken wir an all das Schöne mit dir“, meint dann Jakobus, „und jetzt denken wir dabei auch schon an deinen Tod, aber auch an dein neues Leben“. – „Ja“, sagt Jesus, „und wenn ihr später wieder esst und trinkt und dabei an mich denkt, dann wird es genauso sein“.

„Jesus, wir haben viel mit dir erlebt“, meint Simon. „Wir haben so viel Neues von dir erfahren, auf unseren Wegen mit dir, und auch heute Abend. Aber das, was du jetzt zu uns gesagt hast, das ist noch sehr schwer für uns!“ Und Jesus antwortet: „In den nächsten Tagen werdet ihr noch mehr erleben und dann alles auch noch viel besser verstehen. Das verspreche ich euch!“
Dann essen sie weiter, und in ihren Gedanken sind sie schon bei den nächsten Tagen: Wie wird das wohl sein, wenn dann Jesus wieder bei ihnen ist, aber anders als jetzt? Wie wird es sein, wenn er in ihren Herzen mitten unter ihnen ist?

VI
Einer der Jünger Jesu benimmt sich sonderbar. Er wirkt unruhig, schaut immer wieder zur Tür, als ob er am liebsten verschwinden möchte. Tatsächlich hat der noch etwas vor. Heute Nacht wird er dafür sorgen, dass Jesus vor die mächtigsten Männer in Jerusalem tritt. Und dann wird sich zeigen, dass er der wirkliche König in Israel ist. Diesen Plan hat sich Judas selbst ausgedacht. Den anderen hat er nichts davon erzählt. Sonst hätte es bloß ein Hin und Her gegeben, und am Schluss wäre ganz bestimmt nichts dabei herausgekommen. Deshalb hat Judas die Sache selbst in die Hand genommen.

Er wird heute Nacht eine Gruppe von Soldaten zu Jesus führen. Sie werden ihn verhaften und zum Hohen Rat bringen. Und dann wird alles gut werden. An diesen Plan muss Judas jetzt dauernd denken. Bald wird er möglichst unauffällig von hier verschwinden. Ganz in Gedanken greift er in die Schüssel mit den guten Sachen – und er erschrickt, als Jesus sagt: „Einer von euch wird mich heute Nacht verraten“. Auch die Jünger fahren erschrocken auf, schauen sich gegenseitig und Jesus fragend an. Und Jesus spricht weiter: „Wer gerade mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten!“ Judas ist ganz erstarrt, hat immer noch die Hand in der Schüssel. Alle schauen in diesem Augenblick auf Judas. Damit hat Judas überhaupt nicht gerechnet. Er möchte gerne alles erklären, aber er findet keine Worte. Und als Jesus noch sagt: „Judas, wenn du wirklich tun willst, was du vorhast, dann tue es gleich“, da springt er auf und verlässt hastig den Raum.


Gesprächsimpulse

  • Was ist für euch das Schöne daran, wenn ihr gemeinsam esst und trinkt?
  • Kennt ihr die Geschichte von Zachäus oder die von dem gemeinsamen Essen auf dem Berg schon?
  • Warum, meint ihr, dass sich die Freunde Jesu so gerne an diese Geschichten erinnern?
  • Wenn Jesus dabei war, dann war das Essen für die Freunde Jesu immer besonders schön. Warum wohl?
  • Könnt ihr euch vorstellen, wie erschrocken die Freunde Jesu waren, als er von seinem Tod sprach?
  • Jesus hat ihnen aber etwas gesagt, das ihnen neuen Mut machte. Erinnert ihr euch daran?
  • Kann man jemand in seinem Herzen spüren, der sichtbar gar nicht da ist?
  • So wie Jesus es gesagt hat, feiern Menschen auch heute noch in der Kirche. Habt ihr das schon einmal miterlebt?
  • Wie könnten wir miteinander essen und trinken und dabei an Jesus denken? Welche Ideen habt ihr?


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