1. Mose 7 ff: Noah und die Flut– Mut zum Neuanfang

Auch in der Urgeschichte der Bibel begegnet uns diese aus manchen orientalischen Überliefe-rungen bekannte Geschichte von der großen Flut, welche die wunderbar geschaffene Welt wieder in den Zustand des Chaos stürzte. Aber einer, Noah, mit seiner Familie, wird dazu bestimmt, nach der Beendigung der großen Flut der Begründer eines neuen Menschenge-schlechts zu sein. In einem großen Schiff, der Arche, versammelt er ein Pärchen jeder Tierart und sichert so auch den Neubeginn der Tierwelt.

Berichte von Naturkatastrophen gehören zu den Nachrichten dazu, die uns alltäglich beglei-ten. Viele dieser Ereignisse sind weit weg, wie Erdbeben und Tsunami-Fluten, Wirbelstürme und Überschwemmungen auf der einen Seite, Dürre und Feuer auf der anderen. Viele kom-men uns bedrängend nahe, schon durch beklemmende Fernsehbilder, auch durch Katastro-phen in Urlaubsregionen, durch Überschwemmungen im eigenen Land. Und dann stellen die Kinder ihre Fragen, warum das so ist und warum man da nichts dagegen machen kann – und schließlich auch, warum Gott, der doch der liebe Gott ist, nichts dagegen tut.

Das bisher unerschütterlich wirkende „Vertrauenshaus“ der Kinder, ihr Bild der Welt, in dem sie sich bislang sicher und geschützt fühlten, bekommt Risse der Verunsicherung und auch der Angst. Die erste Reaktion ist, diese ‚Risse’ überspielen zu wollen: das ist ja weit weg, das betrifft uns ja gar nicht, usw. Aber die Kinder lassen sich damit nicht abspeisen und bohren weiter: Warum ist das so? Warum muss das so sein? Und wenn die Katastrophe zu nahe kommt, ergehen die Hilferufe an die professionellen Erzieherinnen und Erzieher: Reden Sie doch bitte mit den Kindern! Nehmen Sie ihnen doch bitte die Angst!

Was ist zu tun? Zum einen gilt es die Eindrücke und damit verbundenen Ängste der Kinder ernst zu nehmen. Es ist zu akzeptieren, dass hier Fragen aufbrechen, auf die es keine einfa-chen und befriedigenden Antworten gibt. Zum anderen ist es wichtig, dem Vertrauen der Kinder in ihre Welt von innen her Kraft zu geben: Auch wenn das ‚Haus des Vertrauens’ Ris-se bekommt, die nicht zu übersehen sind, wird es in seinen Fundamenten Bestand haben. Es gilt Kinder so zu stärken, dass sie trotz der Verunsicherungen ihr Grundvertrauen nicht verlieren. Dazu tragen starke Vertrauensbindungen zu geliebten Personen bei, auch Mut-machgeschichten, die davon erzählen, wie Menschen Verunsicherungen – auch im Vertrauen auf Gott - durchstehen konnten, also Geschichten, in denen sich Menschen durch die Not hindurch getragen und begleitet wussten.

In der biblischen Noah-Geschichte finden sich viele theologische Deutungslinien. Im Blick auf die Kinder erscheint vor allem diejenige wichtig, die in der Ermutigung zum Neubeginn, in der Zusage von Gottes Begleitung zu ihrem Ziel kommt. Erschreckendes und Ermutigendes stoßen in dieser Erzählung immer wieder hart aneinander. Erschreckend ist Gottes Ankündi-gung der großen Flut, ermutigend Gottes Auftrag an Noah, die Arche zur Erhaltung des Le-bens zu bauen. Erschreckend ist der Gedanke an die Vielen, die umkommen, ermutigend das Geborgensein in der rettenden Arche. Erschreckend sind die schier unlösbaren Aufgaben, vor denen Noah steht, ermutigend ist Gottes Versprechen, dass sich Menschen, Tiere und Pflan-zen in den Ordnungen dieser Welt, dem Wechsel von Tag und Nacht, der Abfolge der Jahres-zeiten, sicher fühlen dürfen. Erschreckend ist die Ratlosigkeit angesichts der Katastrophe, ermutigend, dass die Folge nicht Erstarrung oder Panik zu sein braucht, sondern überlegtes, verantwortliches Planen und Tun sein kann, wie es Noah zeigt.

Die Geschichte erklärt die Katastrophe nicht (der biblische Hinweis auf die Bosheit der Menschen ist kein ausreichender Grund, denn daran hat sich seither nichts geändert). Aber sie zeigt, wie die Überlebenden mit Katastrophenerfahrungen umgehen können: mit neu gewon-nenem Vertrauen auf Gottes Begleitung beim Neuanfang; mit Möglichkeiten zum planvollen Tun; mit neuer Vergewisserung der ins Wanken geratenen Ordnung der Welt. Erzählschwer-punkte sind damit die Sicherheit und Zuversicht in der Arche, die Freude auf das beginnende Neue (ungeduldig schickt Noah Vögel aus, die mit einem Blatt vom Ölbaum, später durch ihr Ausbleiben anzeigen, dass es wieder Land gibt); das Gebet, das Noah an Gott richtet und vor allem der große Regenbogen am Himmel als Zeichen des neuen Verbundenseins der Men-schen mit Gott, des neu gewonnenen Vertrauens in diesen Bund, das in die Zusage mündet: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Sommer und Winter, Tag und Nacht“.

 

Weiter zum Erzählvorschlag:

Zurück zu Situationen und Bezüge

Zurück zu Bibelgeschichten