In der großen Stadt Babel wird emsig gebaut. An immer mehr neu angelegten Straßen ent-stehen prächtige Gebäude. „So eine große Stadt wie die unsere gibt es nirgendwo sonst auf der Welt“ sagen die Leute voller Stolz. Und wenn sie von anderen hören, die neidisch auf diese große Stadt sind, dann lachen sie: „Wir sind eben viel klüger als die anderen. Das sollen die ruhig wissen“. Und einer meint: „Dann sollen sie gerne gelb werden vor Neid!“
Solch eine große Stadt bietet natürlich viel Bequemlichkeit, die die anderen Menschen drau-ßen auf den Dörfern nicht haben. Auf den sorgfältig gepflasterten Straßen kann man gut gehen, in den Läden viele Sachen einkaufen, sich mit anderen Leuten aus der ganzen Stadt treffen. Große Mauern schützen die Einwohner, so dass sie keine Angst haben müssen, von Feinden überfallen zu werden.
Das Bauen macht den Leuten auch viel Freude. Sie sind gute Handwerker und Baumeister. Sie haben es gelernt, Steine zu passenden Stücken zurechtzuhauen, Ziegel als Lehm zu for-men und zu brennen, Mörtel anzurühren, der Steine oder Ziegel fest miteinander verbindet. Unaufhörlich wächst die Stadt in die Breite. Schon wird es für viele schwierig, sich in der großen Stadt zurechtzufinden.

Da haben einige eine neue Idee: „Warum bauen wir eigentlich nur am Boden und in die Breite?“ fragen sie. „Wir könnten doch auch in die Höhe bauen und den allergrößten Turm auf der ganzen Welt errichten!“ – „Das ist eine gute Idee“, meinen andere. „Wir sind schließlich die besten Bauleute. So werden wir noch berühmter. Überall auf der Welt wird man dann voll Bewunderung von unserem Turm erzählen.“ Immer mehr begeistern sich für diesen neu-en Plan. Und einer sagt: Und damit bauen wir einen Turm, der bis in den Himmel reicht, genau dorthin, wo Gott wohnt!“ – „Meinst du, dass wir bis dorthin kommen?“ fragen andere. „Natürlich“, antworten einige, „wenn das jemand schafft, dann sind wir es! Wie werden noch be-rühmter werden. Von überall her werden die Leute zu uns kommen. Aber wer auf diesen Turm bis zu Gott hinaufsteigen darf, das bestimmen wir! Schließlich ist das ja unser Turm!“

„Jetzt lasst uns endlich damit anfangen!“ rufen einige. „Ihr tut ja so, als ob der Turm schon fertig wäre. Es gibt eine Menge zu tun!“ Und so beginnen die Arbeiten. Pläne werden ge-zeichnet, Steine, Lehm und Holz geholt, die ersten Mauern errichtet. Rasch gehen die Bau-arbeiten voran. Nach wenigen Monaten müssen die Leute schon die Hälse recken, um den Maurern bei der Arbeit zusehen zu können. „Bald sind wir in den Wolken“, sagen manche, „es ist gar nicht mehr weit bis zum Himmel. Und dann werden wir sehen, wie dort oben Gott wohnt. Hallo, sagen wir dann, da sind wir. Wir wollen uns mal umsehen, wie es da oben bei dir ist!“ Die Leute können es kaum erwarten, bis es endlich soweit ist.

Aber dann geht es ganz anders weiter. Je höher der Turm geworden ist, desto schwieriger wird das Bauen. „Ob das wohl gut geht,“ munkeln manche. „Wenn das alles zusammenkracht, dann gibt es ein großes Unglück“. – „Ach was“, meinen andere, „ da passiert nichts. Aber wenn ihr unsere Baumeister und Handwerker schlecht redet, dann gibt es Ärger!“ Auch auf der Turmbaustelle gibt es immer öfter Streit. Die Arbeiter an den Seilen, an denen die Zie-gelsteine und die Behälter für den Mörtel hochgezogen werden, müssen immer länger ziehen, bis die Sachen endlich oben sind. Und sie beschweren sich. „Stellt euch nicht so an“, sagen die Maurer, „sorgt lieber dafür, dass die Steine nicht ausgehen!“
Immer öfter kommt es vor, dass Steine aus großer Höhe aus Versehen hinunterfallen und Schaden anrichten. „Es wird zu gefährlich“, sagen immer mehr von denen, die unten arbeiten müssen oder nahe beim Turm wohnen. „Hört lieber auf, bevor noch mehr passiert!“ – „Wo denkt ihr hin“, werden sie von den Baumeistern beschimpft, „jetzt, wo wir schon so weit sind, hören wir doch nicht auf!“

Mit dem Turmbau geht es nun immer langsamer voran und viele werden ungeduldig. „Wie lan-ge soll das denn noch gehen?“ fragen sie. „Wenn der Turm jetzt nicht bald fertig wird, dann soll er so bleiben, wie er ist“. So geht es hin und her, immer öfter gibt es in Babel Streit über den Turmbau. Nun wollen tatsächlich die Arbeiter an den Seilen ihre Arbeit aufhören. „Wir können nicht mehr“, klagen sie, „es wird uns einfach zu viel!“ Und auch immer mehr an-dere verlieren die Lust am Weiterbauen. „Auf keinen Fall“, rufen andere, „wer jetzt auf-hört, muss bestraft werden!“ Täglich gibt es jetzt an der Baustelle Streit und Ärger. Und auch überall in der Stadt streiten sich die Menschen und beschimpfen sich gegenseitig. Im-mer weniger von den Arbeitern sind dazu bereit, jeden Tag bis zur obersten Höhe des Turms zu steigen und dort bei großer Gefahr zu arbeiten.

Und eines Tages ist es an der Turmbaustelle ruhig, weil niemand mehr dort arbeitet. Dafür streiten die Leute umso mehr. „Ihr seid schuld, dass es nicht mehr weitergeht“, werfen sie sich gegenseitig vor. An den Feiertagen spazieren viele zur großen Baustelle, und manche meinen nachdenklich: „Wer hat eigentlich die Idee gehabt, bis in den Himmel hinaus zu bau-en? Den möchte ich ja gerne mal fragen, was er sich dabei gedacht hat! Weiß der denn ei-gentlich überhaupt, wo der Himmel ist?“ Die anderen nicken. „Ja, das sollten wir ihn mal fragen“, meinen sie.

Gesprächsimpulse

- Kannst du dir vorstellen, warum die Leute von Babel den Turm bis in den Himmel hinaus bauen wollten?
- Was hat sich wohl der Chefbaumeister gedacht, wo der Himmel ist? Was meint ihr dazu?
- Was hätten die Leute wohl gewonnen, wenn sie wirklich bis in den Himmel gekommen wären?
- Was meinst du, welchen Fehler die Leute von Babel gemacht haben?
- Was denkst du, wo der Himmel ist?
 

Zurück zu Situationen und Bezüge

Zurück zu Bibelgeschichten