Erzählvorschlag: Vom barmherzigen Vater - Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15)

„Mir ist es zu langweilig hier“, meint Tobias zu seinem älteren Bruder Jakob. Jeden Tag das Gleiche, immer dieselbe Arbeit draußen auf den Feldern! Ich möchte einfach einmal etwas Anderes erleben! Die Welt ist doch so groß, viel größer als unser Dorf und die Dörfer in der Nähe!“ – „Und wie stellst du dir das vor?“ fragt Jakob zurück. „Wohin willst du gehen? Und woher weißt du, dass es dir dort gut gehen wird, wenn du noch nie dort gewesen bist?“ – „Ich muss es einfach ausprobieren“, sagt Tobias, „und ich habe auch schon eine Idee. Ich lasse mir vom Vater das Geld auszahlen, das mir zusteht, und mit dem kann ich dann viel anfangen. Ich kann noch mehr da-zuverdienen und komme dann als reicher Mann zurück. Das verspreche ich dir!“ – „Du weißt doch gar nicht, ob das gut geht“, meint Jakob. „Ich bleibe lieber hier, da kann mir nichts passieren. Ich bin ja gespannt, was unser Vater zu deiner Idee meint!“

Am Abend sitzen sie alle beim Essen, und Tobias erzählt auch dem Vater seine Plä-ne. Gespannt schauen beide Brüder, wie der Vater reagiert. Der zögert zuerst eine Weile, dann sagt er nachdenklich: „Tobias, hast du dir das auch gut überlegt?“ Der erklärt noch einmal genau, wie er es vorhat, und auch wie viel Geld er dazu braucht. „Da, wo du hin willst, war ich selbst noch nie“, sagt der Vater. „Aber wenn du es dir zutraust, bin ich damit einverstanden. Und wenn du in Schwierigkeiten kommen soll-test, dann denk daran, dass du eine Familie hast!“ Tobias freut sich und lacht. „Da musst du dir keine Sorgen machen, Vater, ich bin mir ganz sicher, dass alles gut ge-hen wird!“

Und dann zieht er los, ganz vergnügt und fröhlich pfeifend. Er kommt durch Dörfer und Städte, in denen er vorher noch nie war. Er lernt neue Leute kennen und bietet ihnen Freundschaft an. Das ist alles sehr interessant für ihn. Aber er macht auch ei-nen Fehler: Er achtet nicht darauf, dass sein Geld immer weniger wird. Er merkt es erst, als es zu spät ist. Und dann ist auf einmal alles anders. Seine angeblichen Freunde sind verschwunden, sie kümmern sich nicht um ihn. Und da wird ihm klar, wie einsam er jetzt ist. Er sucht nach Arbeit, um wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen, aber da erlebt er jetzt viele Menschen, die ihn unfreundlich zurückweisen. „Was willst du? Wir können dich nicht brauchen? Sieh zu, dass du weiterkommst!“ Ihnen ist es egal, wie schlecht es ihm geht.

Zuhause war es doch ganz anders, denkt er. Und als er sich daran erinnert, wie sie beim Essen immer um den Tisch saßen, da kommen ihm die Tränen. Aber er traut sich nicht nach Hause zurück. Wie soll er dem Vater und auch dem großen Bruder beibringen, dass von dem vielen Geld nichts mehr da ist? ‚Die würden ja sehr wütend auf mich sein’, denkt er sich. Und er hört schon seinen Bruder sagen: „Ich habe dir ja gleich gesagt, dass das schief geht! Jetzt bin ich ja gespannt, wie du das verlorene Geld wieder herbringen willst!“ Aber dann fällt ihm auch ein, was sein Vater gesagt hat: „Wenn du in Not kommst, dann denke daran, dass du eine Familie hast!“ Aber ob der Vater auch so etwas gemeint hat, wie es ihm jetzt geht? Immer wieder über-legt sich Tobias, was er denn machen soll. Und dann gibt er sich einen Ruck und macht sich auf den Weg nach Hause.

Er malt sich schon all die Vorwürfe aus, die auf ihn niederprasseln werden. Aber dann ist alles ganz anders. Der Vater läuft ihm entgegen, nimmt ihn in seine Arme, und bevor Tobias ein Wort herausbringt, sagt der Vater zu ihm: „Mein Sohn! Ich sehe dir an, wie schlecht es dir gegangen sein muss! Aber jetzt bist du wieder da. Und darüber freue ich mich! Du hast sicher viel zu erzählen. Aber vorher wollen wir feiern, dass du wieder zurückgekommen bist!“ Als sie wieder am Tisch sitzen, ist natürlich auch Jakob dabei. Der macht Tobias allerhand Vorwürfe. „Wie konntest du nur all das schöne viele Geld verschwenden? Und jetzt noch ein Fest für dich? Das verste-he ich nicht! Ich meine, du solltest jetzt hart arbeiten, bist du das vergeudete Geld wieder verdient hast. Erst dann sollten wir feiern!“ Aber der Vater antwortet ihm: „Jakob, freu dich doch auch, dass dein Bruder wieder da ist. Er hat viel gewagt und viel verloren. Das war bestimmt nicht einfach für ihn, aber er hat dabei eine Menge ge-lernt. Und er gehört zu unserer Familie dazu wie du und ich. Und deshalb soll er sich bei uns wieder ganz zu Hause fühlen!“ An diesem Abend gibt es noch viel zu erzählen und zu bereden. Als Tobias wieder in seinem eigenen Bett liegt, da kommt ihm die vergangene Zeit seiner Reise wie ein böser Traum vor. Aber jetzt ist er glücklich wie schon lange nicht mehr.

Vor dem Einschlafen spricht er noch ein Gute-Nacht-Gebet: Gott, ich danke dir, dass meine Reise zum Schluss so gut ausgegangen ist. Ich danke dir, dass ich so einen lieben Vater habe. Und ich danke dir, dass du es mit mir so gut meinst wie mein Va-ter. Du hast mich auf allen meinen Wegen behütet, auch da, wo es schlimm für mich war. Und du hast mir einen Vater geschenkt, der so gut zu mir ist. Hilf mir jetzt das Richtige zu tun, damit wir uns alle wieder wohl fühlen können. Amen“.

Gesprächsanregungen:

- Erinnerst du dich daran, wie Tobias erschrocken ist, als das Geld ausgegeben war? Kannst du dir vorstellen, was für ein Gefühl
    das für ihn war?
- Der Weg zurück nach Hause fiel Tobias sehr schwer. Er dachte, dass ihn zu Hause viel Ärger erwartet. Wie hat sich Tobias wohl
    seine Ankunft im Elternhaus vorgestellt?
- Und dann war Tobias glücklich. Kannst du dir vorstellen, was ihn so glücklich gemacht hat?
- Tobias hat in seinem Abendgebet zu Gott gesprochen. Wenn er an seinen Vater dachte, musste er auch an Gott denken.
    Kannst du dir vorstellen, warum?
 

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