Zachäus (Lukas 19) 

- Der Außenseiter Zachäus findet Beachtung
- Zachäus gewinnt einen starken Freund
- Zachäus darf neu beginnen

Die Geschichte von der Begegnung zwischen Jesus und dem Zöllner Zachäus gehört zu den beliebtesten Bibelgeschichten der Kinder. Wer ist dieser Zachäus? Er hat sich auf einen Handel mit den verhassten Römern eingelassen, eine Zollstation gepachtet und kann nun den Reisenden, Händlern, Bauern viel Zollgebühren abverlangen, die weithin in seine eigene Tasche fließen. Auf diese Weise hat er es schon zu ansehnlichem Reichtum gebracht. Als Römerfreund hat er sich aber zugleich zum Feind der Leute von Jericho gemacht, und das wurde natürlich durch seine täglichen Zollforde-rungen nicht besser. Genau damit hat er etwas Wesentliches verloren: Freunde, Wertschätzung, Zugehörigkeit zur Stadtgemeinschaft, Eingebundensein in das Le-ben der Menschen in Jericho. Von Jesus hat er wohl gehört, dass er ein Herz für die Außenseiter und Menschen am Rande der Gesellschaft hat.

In der Geschichte gibt es schon auf den ersten Blick so viel, mit dem sich Kinder ger-ne identifizieren: Der kleine Zachäus, dem die anderen den Weg versperren – so etwas kennen Kinder auch. Und das Klettern auf den Baum ist auch für sie eine einla-dende Tätigkeit. Aber in der Geschichte gibt es ja auch anderes: Zachäus als Betrüger, als geldgieriger, unsozialer Machtmensch, der mit seiner Hoheit über die Zollschranke bei den anderen Verdruss bis hin zu ohnmächtiger Wut erzeugt. Unter- und Überlegenheit liegen da eng beieinander, beides kann bei den Kindern Erinnerungen an eigene Erfahrungen wecken. Macht und Ohnmacht, das sind ja auch die Pole, zwischen denen sich die Kinder selbst wieder finden, um ihre Rolle im sozialen Mit-einander zu finden, um eine gute Position zu gewinnen und zu behaupten.

Zachäus begegnet uns in einer Außenseiterposition. Wie könnte er sich aus ihr zu lösen versuchen? Die eine Möglichkeit wäre, sich trotzig zu behaupten, die Schuld bei anderen zu suchen, sich selbst zu bedauern, sich an den eigenen längeren Hebelarm der Macht zu klammern, - die andere, nach einem Ausweg aus der verfahrenen Situation zu suchen, das Risiko des eigenen Machtverlusts einzugehen, sich dabei der Kritik und auch Schadenfreude der anderen auszusetzen. Zachäus wagt diesen zweiten Weg. Er erträgt es tapfer, auf dem Weg zu Jesus von den anderen ausgesperrt zu werden, macht sich mit seiner Kletteraktion lächerlich, zum Gespött der versammelten Einwohnerschaft von Jericho.

Jesus bleibt vor dem Maulbeerbaum stehen, auf den Zachäus geklettert ist, spricht mit ihm, ruft ihn zu sich, bietet ihm seine Freundschaft an und lädt sich bei ihm zum Essen ein, einem der intensivsten Zeichen der Zusammengehörigkeit und Wert-schätzung. Er nimmt ihn den anderen gegenüber in Schutz. Damit riskiert auch Jesus, die Sympathien der anderen zu verlieren, die Anfeindungen, die Zachäus gelten, auf sich zu lenken. Aber Jesus ist stark genug, das zu tun. Zachäus ist davon überwältigt und plant gemeinsam mit Jesus einen neuen Anfang in der Stadt. Der soll mit einer großzügigen Rückzahlung der zu hoch angesetzten Zollgebühren beginnen. In der Begegnung mit Jesus ist ihm jetzt etwas anderes als das Geld wichtig und wertvoll geworden: das Erlebnis der Freundschaft, der Zugehörigkeit zu anderen Menschen und die neu gefundene Gemeinschaft mit Gott.

Das, was die Kinder zunächst in dieser Geschichte anzieht, was sie zur Identifikation einlädt, das erweist sich auch als das Hilfreiche: die Geschichte zeichnet in detaillierten, gut erzählbaren und nachvollziehbaren Einzelschritten nach, wie Neuanfang ge-lingen kann, was dabei auch riskiert werden muss, und dass es Helfer dabei gibt. Sie ist eine Beispielgeschichte, die dazu Mut macht, sich auf solch einen Prozess des Zurückfindens in die größere Gemeinschaft einzulassen.

Die eigene Nacherzählung könnte folgende Struktur haben:

- Die Situation an der Zollstation verdeutlicht, wie sich Zachäus immer mehr in seine besondere Situation hinein verkriecht, weil
    er noch keine tragfähige Vorstellung davon hat, wie er in die Stadtgemeinschaft von Jericho zurückkehren könnte. Aber trotz
    seiner Machtposition wird die Sehnsucht nach zwischen-menschlichen Beziehungen immer stärker.
- Als Zachäus von Jesu Kommen hört, fasst er den Plan, nach einer Begegnung mit ihm Ausschau zu halten. Das verlangt ihm
    einiges ab, aber die Aussicht auf die Verbesserung seiner Situation treibt ihn voran.
- Als ihm Jesus Freundschaft anbietet, ist ein entscheidendes Ziel erreicht. Zachäus ist zuversichtlich, dass er auch das Blatt in
    seinen Beziehungen zu den Bürgern von Jericho wenden kann.
- Und so entwickelt er die Idee, all das, was ihm bisher Macht gegeben hat, los-zulassen und auf die Versöhnungsbereitschaft
    seiner Mitbürger zu setzen.
- Den Ausgang der Geschichte bestimmten die Kinder selbst und werden sie höchstwahrscheinlich zu einem guten Ziel führen.
 

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