Johann Crüger und Paul Gerhardt in Berlin

Vorüberlegungen
Die Begegnung und Zusammenarbeit des Berliner Kantors Johann Crüger (1598-1662) mit dem neun Jahre jüngeren Pfarrer und Liederdichter Paul Gerhardt zählt zu den Sternstunden des evangelischen Kirchenlieds. Crüger hat den bescheiden zurückhaltenden Liederdichter entdeckt und viele seiner Liedtexte mit dem Melodiegewand versehen, mit dem sie zu den meistgesungenen Liedern des Gesangbuchs geworden sind.
Johann Crüger hat auf seinem Ausbildungs- und Berufsweg lange zwischen Theologie und Musik geschwankt, bei der Enkelgeneration Luthers in Wittenberg studiert, aber dann dem Beruf als Kirchenmusiker den Vorzug gegeben. Als „Berlinischer Musikdirektor“ und Kantor an St. Nikolai komponierte er für seine Chöre, verfasste Lehrbücher zur Musik, sammelte neue Lieder für das von ihm herausgegebene Berliner Gesangbuch. Er hat den Dreißigjährigen Krieg durchlebt, in den Streitigkeiten zwischen Vertretern der lutherischen und der calvinistischen Reformation im musikalischen Bereich mit einem Unionsgesangbuch zu vermitteln versucht und etwa zwanzig Jahre die Freundschaft mit Paul Gerhardt gepflegt, der selbst nachdrücklich die lutherische Seite vertrat.

 

Erzählung
Die Geschichte beginnt an einem Tag im Jahr 1643, wenige Jahre vor dem Ende des langen, dreißigjährigen Krieges, im Wohnhaus des Berlinischen Musikdirektors. Der 45Jährige Johann Crüger ist Kantor der Nikolaikirche und Lehrer am Gymnasium im Grauen Klöster Er hat den wöchentlichen Schulgottesdienst gerade hinter sich, auch die beiden Unterrichtsstunden in Mathematik, die ihm neben dem Musikunterricht zugeteilt worden waren, und sitzt mit seiner Familie am Mittagstisch. Johann berichtet seiner Frau: „Der Chor hat die vor Kurzem von mir komponierten lateinischen Gesänge ganz ordentlich musiziert. Anschließend haben wir im Musikunterricht gleich noch die Stücke für den Vespergottesdienst in St. Nikolai heute Nachmittag fertig geübt“. Elisabeth sagt dazu: „Deine musikalischen Meditationen zum Magnificat“ – und sie ergänzt zu den Kindern hin: „das ist der Lobgesang der Maria, nachdem ihr der Engel die Geburt Jesu angekündigt hat“ – kommen gut an. Die Leute freuen sich, dass du schon so viel Schönes komponiert hast, und dass immer noch Neues dazukommt. Auch das von dir herausgegebene neue Gesangbuch zieht schon kräftig seine Kreise. Besonders über deine Liedmelodien freuen sich viele, weil die einem so schnell vertraut werden“. Johann nickt zufrieden: „Dann liege ich ja richtig mit der Arbeit an dem ersten lutherischen Berliner Gesangbuch“. „Und“, fragt Elisabeth, „was steht heute Nachmittag noch an?“ Johann erklärt: „Zuerst noch Musiklehre in der Oberklasse. Da sind etliche tüchtige und musikalisch gut begabe Schüler dabei, mit denen ich Kapitel aus meiner Kompositionslehre „Synopsis musica“ erarbeiten kann. Darauf freue ich mich schon“.

Er fügt noch an: „Die verstehen auch gut, dass die Gesetze der Musik die gute Ordnung der von Gott geschaffenen Welt wiederspiegeln. Der Wohlklang der menschlichen Stimme ist unsere dankbare Antwort auf das von Gott gemachte Gute, von dem wir alle leben“. Er hält inne und sagt noch lächelnd: „Ach, das habe ich dir ja bestimmt schon oft vorgestellt. Entschuldige meine Wiederholungen. Aber es ist mir eben so wichtig“. Ernster fügt er noch an: „Gerade in diesen schweren Jahren, in denen uns Krieg und Pest das Leben schwer machen, ist es umso wichtiger, in der Musik einen Hoffnungsanker der Ehre Gottes zu finden. Der kann den Blick auch auf Gottes gute Schöpfung und die sie regierenden Gesetzmäßigkeiten richten. Das wird stärker sein und bleiben als all das Zerstörerische um uns herum“.

Elisabeth fragt nach: „Und nach dem Vespergottesdienst?“ „Ja“, nimmt Johann die Frage auf, „da kommt noch ein jüngerer Mann, den ich kürzlich kennengelernt habe. Er ist sein Kurzem Hauslehrer bei der Familie des Kammergerichtsadvokaten Berthold, kommt aus Wittenberg, wo er einige Jahre Theologie studiert hat“ Elisabeth antwortet: „Du warst früher ja auch schon einmal Hauslehrer, hast auch in Wittenberg Theologie studiert. Da gibt es bestimmt viel, über das ihr euch austauschen könnt“. Johann nickt und sagt noch: „Paul Gerhardt heißt er“.

Am Abend sitzen Johann und Elisabeth mit dem Gast beieinander. Der erzählt, wie für ihn Wittenberg nicht nur eine geistliche Heimat im Umfeld der Lutherfreunde geworden ist, sondern wie er hier auch Schutz vor der Kriegsgefahr gefunden und sich mit seiner Tätigkeit als Hauslehrer über 15 Jahre dort aufgehalten hat. Johann berichtet, wie er noch als Schüler weit gereist war, in Regensburg die entscheidende Wende zur Musik gefunden hat, aber dennoch das Theologiestudium begann. Er ergänzt: „Aber bald ist mir klar geworden, dass die Musik meine Lebensaufgabe sein wird. Durch eine glückliche Fügung bin ich Kantor von St. Nikolai geworden, damit verbunden Lehrer am hiesigen Grauen Kloster und insgesamt Berlinischer Musikdirektor“. Elisabeth, die aufmerksam zuhört, spürt bald, dass die beiden einander gut verstehen und ahnt schon, dass sich zwischen ihnen eine Freundschaft entwickeln wird.

Die beiden haben einander so viel zu erzählen: Johann von dem Gesangbuch mit fast 250 Liedern, das er auf den Weg gebracht, für etliche der Texte geeignete Melodien erdacht und für die gesammelten alten und neuen Lieder vierstimmige Notensätze erarbeitet hat. Er prahlt nicht damit, sondern sagt nur: „Es ist so wichtig, dass wir gerade in dieser Zeit nicht nur die vertrauten Lieder der Reformation haben, sondern auch Lieder aus unserer Zeit – Lieder, die Mut machen und das Vertrauen auf Gottes Hilfe stärken. Deswegen ist das jetzt fertig gewordene Liederbuch kein Ende, sondern ein Anfang. Noch mehr Lieder sollen dazu kommen“.

Eine kleine Pause entsteht. Dann horchen Johann und Elisabeth überrascht auf, als Paul Gerhardt nach vorsichtigem Zögern antwortet: „Vielleicht kann ich dazu auch etwas beitragen. Ich habe in den zurückliegenden Jahren etliche Gedichte geschrieben. Ich könnte mir denken, dass das eine oder andere auch für ein Lied taugt“. Rasch vereinbaren der Dichter und der Komponist, dass Paul Gerhardt in den nächsten Tagen den Schatz seiner Gedichte mitbringt.

Johann kann es kaum erwarten, bis er Gerhardts Gedichte vor sich liegen hat. Er liest aufmerksam und murmelt nach einer Weile vor sich hin: „Das ist ja ein unglaublich wertvoller Schatz an Gedichten, aus denen wunderbare Lieder werden können“. Er ruft seine Frau Elisabeth, damit auch sie an seiner Freude Anteil haben kann: „Hör zu“, ruft er und liest aus einem der Gedichte vor (EG 322):

Nun danket all und bringet Ehr ihr Menschen in der Welt,
dem, dessen Lob der Engel Heer um Himmel stets vermeld’t.

Ermuntert euch in singt mit Schall Gott unserm höchsten Gut,
der seine Wunder überall und große Dinge tut;

der uns von Mutterleibe an frisch und gesund erhält und,
wo kein Mensch nicht helfen kann, sich selbst zum Helfer stellt;

der, ob wir ihn gleich hoch betrübt, doch bleibet guten Muts,
die Straf‘ erlässt, die Schuld vergibt und tut uns alles Guts.

Er gebe uns ein fröhlich Herz, erfrische Geist und Sinn
und werf all Angst, Furcht, Sorg und Schmerz ins Meeres Tiefe hin.

Er lasse seinen Frieden ruhn auf unserm Volk und Land;
er gebe Glück zu unserm Tun und Heil zu allem Stand.

Auch Elisabeth staunt und Johann sagt: „Wie kann es sein, dass dieser bescheidene Mensch seit Jahren so wunderbare Gedichte verfasst, die genau zu dem passen, was wir brauchen. Da lebt Paul Gerhardt gar nicht so weit weg von hier, in Wittenberg, im Zentrum der lutherischen Reformation, wo die Schriften verfasst und Bücher gedruckt werden, und hier erfährt kein Mensch von dem, was dieser Dichter uns schenken kann!“

Als Johann und Paul wieder beieinander sitzen, ist der Musiker schon fest am Planen: „Das schon erschienene Gesangbuch findet gute Verbreitung“, sagt er. „Der Zeit zwischen der Arbeit mit dem Chor und dem Unterricht in der Schule und was sonst noch dazu kommt, widme ich jetzt schon einer erweiterten Auflage. Und da möchte ich gerne viele Lieder eines noch unbekannten aber sicherlich bald sehr bekannt werdenden Paul Gerhardt dabei haben“. Dann beugen sich beide über die von Johann für den Druck ausgewählten Texte. Johann erklärt: „Um Zeit zu sparen, will ich zunächst auf passende Melodien anderer Lieder zurückgreifen. Aber lieber Paul Gerhardt, ich verspreche Ihnen, so oft wie möglich eine eigene, genau zum Text passende Melodie zu finden“. Der Dichter ist hochzufrieden mit dem, was damit auf den Weg kommt. Es war ja schon länger sein stiller Herzenswunsch gewesen, dass seine Gedichte auch viele andere Menschen erreichen könnten. Jetzt hat sich das Tor zur Erfüllung dieses Vorhabens in dem entstehenden Liederbuch aufgetan.

Jahre vergehen, in denen die Zusammenarbeit zwischen den beiden immer enger und ergiebiger wird. Jetzt geht es schon um Vorarbeiten zu einer dritten Auflage. Im Zusammenwirken von Dichter und Komponist finden Text und Melodie zusammen. Da erklärt etwa Johann bei dem Adventslied „Wie soll ich dich empfangen“ (EG 11), dass er für die im Text mit einer Frage eingeleitete Zeit des Wartens auf die Ankunft Jesu in der Welt eine ruhige Melodie gewählt hat. „Aber bei der Bitte an Jesus, uns das Licht seines wunderbaren Erscheinens aufgehen zu lassen“, erklärt er, „da schwingt sich die Melodie rufend und bittend zum höchsten Ton auf: O Jesu, Jesu (setze mit selbst die Fackel bei)“. Als ein andermal Johann seine Melodie für das Weihnachtslied „Fröhlich soll mein Herze springen“ (EG 36) vorstellt, ruft Paul erfreut aus: „Fröhlich soll mein Herze springen – mit Schwung geht es los, und dann kann man beim Hüpfen geradezu zusehen. Und dann ist es wiederum wie ein Markenzeichen von dir, lieber Johann, dass sich die Melodie dort zur Höhe aufschwingt, wo du einen besonderen Akzent setzen möchtest: Alle Luft Laute ruft – es ist die Freudenbotschaft für die ganze Welt. Dann steigt die Melodie hinab wie das Kommen des Gottessohns in den armseligen Stall“. Als die beiden über die Melodie für das ausgewählte Osterlied nachdenken, klopfen sie mit den Händen ihre Ideen für den Rhythmus – Paul von seinem Verständnis der Silben im Text aus – ‚Auf, auf mein Herz mit Freuden‘, Johann von einem lebendigen, abwechslungsreichen, wie tänzerischen Geschehen. Und dabei entsteht die Melodie voll überquellender Freude. Lachend erklärt Paul zu dem entstandenen Gesang: „Und das Himmelfahrtsgeschehen ist mit dem Ende der Melodie auf dem höchsten Ton auch schon mit dabei“.

Paul begleitet mit seinen Eindrücken und Gedanken Johann auch, wenn der Texten anderer Dichter ein musikalisches Kleid bereitet. Im Jahr 1650 wird in Berlin mit dem Durchzug der letzten Soldaten-Truppen der damit endlich eingetretene Frieden gefeiert. Johann schlägt vor, ein Dankgebet, das der Dichter Martin Rinckardt (EG 321) für den Abschluss einer Mahlzeit erdacht hatte, zu einem Danklied für die Feier des Kriegsendes zu gestalten. Breit und kräftig wie eine festliche Einzugsmusik schreitet die Melodie einher und beide hören innerlich schon den von Sängern und Instrumentalisten ausgebreiteten Klangteppich.

Ein Jahr später kündigt sich allerdings eine Unterbrechung dieser freundschaftlichen und ergiebigen Zusammenarbeit an. Paul ist nun schon 44 Jahre alt, und er hat noch immer nicht sein eigentliches Berufsziel, Pfarrer zu sein, erreicht. Erst dann könnte er heiraten und eine eigene Familie gründen. Aber jetzt öffnet sich das Tor dazu. In Mittenwalde im Spreewald kann er bald beginnen. So sehr diese Veränderungen die beiden schmerzt, so sehr hat Johann Crüger auch Verständnis dafür, dass dieser Wechsel für seinen Freund jetzt genau das Richtige ist. Und schließlich ist Mittenwalde nicht aus der Welt. Es gibt die Post und auch die Möglichkeit zu reisen. Fortan wandern die Briefe hin und her.

Johann schreibt, dass die Vorbereitungen für die nächste Ausgabe des Gesangbuchs in vollem Gange sind. Dann folgt noch eine Bitte: „Lieber Paul, aus der Reformationszeit haben wir im Gesangbuch zwei Lieder zu Luthers Morgen- und Abendsegen von seinem Zeitgenossen Nikolaus Hermann (EG 437 und 467). Weil auch unser neues Gesangbuch nicht nur für den Gottesdienst bestimmt ist, sondern ein Hausbuch für alle Tage sein soll, wäre es sehr gut, wenn du mit Liedtexten zum Morgen- und Abendgebet im herrlichen Gewand deiner Dichtkunst dazu beitragen könntest. Für eine passende Melodie will ich dann sorgen“.

Paul Gerhardt hat bald den neuen Text für den Morgensegen gefunden, mit dem beginnenden und auch abschließenden Aufruf zum Gotteslob: „Lobet den Herren“ (EG 447) und dazwischen die Gebetsverse ganz im Sinne der Worte Martin Luthers. Johann schreibt zurück: „Das passt wunderbar mit dem Dank für Gottes Behüten in der Nacht und die Bitte um sein Geleit durch den Tag. Ich füge dir meine dazu bestimmte Melodie bei“. Paul antwortet: „Der Rhythmus des ‚Lobet den Herren‘ als Auftakt und Abschluss jeder Strophe durchdringt das ganze Lied. All unser Singen, all unsere Musik soll Gottes wunderbares Wirken loben. Das habe ich in deiner Melodie gut herausgehört“. Auch zum Abendgebet schickt Paul Gerhardt sein Gedicht: Nun ruhen alle Wälder“ (EG 477). Johann antwortet: Aus den von dir vor Augen gestellten Beobachtungen zu dem Geschehen in den Abendstunden ergeben sich treffende Hinweise, was dabei auch für unseren Glauben gilt. Das ist neu; das ist so deutlich deine dichterische Gabe, den Glauben mit dem alltäglichen Leben zu verbinden. Statt einer eigenen Melodie habe ich die des bekannten Volkslieds ‚Innsbruck, ich muss dich lassen‘ genommen. Der Abend ist ja auch ein Abschied, nämlich der vom Tag“. So gibt es immer wieder etwas zu berichten und auf den Weg zu bringen.

Fünf Jahre vergehen auf diese Weise. Dann kündigt sich Neues an. Paul Gerhardt kehrt nach Berlin zurück, als Pfarrer von St. Nikolai. Damit eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit, jetzt die des zuständigen Pfarrers mit seinem Kantor. Dabei geht es auch um Herausforderungen, zu denen die beiden verschiedene Sichtweisen haben. So kommt bei einem Treffen wieder einmal zur Sprache, dass unterschiedliche Glaubensauffassungen die Stadtgemeinde zu spalten drohen. Paul beginnt: „Der Schaden begann schon damit, als Kurfürst Sigismund am Anfang unseres Jahrhunderts die Zugehörigkeit zur Lehre Luthers verlassen hat und zu der des Reformators von Genf, Johannes Calvin, übergetreten ist. So hat sich die Kluft ergeben zwischen dem kurfürstlichen Hof mit den Calvinisten auf der einen Seite und der Stadtbevölkerung auf der anderen, die weiterhin zur Wittenberger Reformation steht. Das ist nicht gut. Ich mit meiner Gemeinde will entschieden bei Luthers Glauben bleiben“.

Johann erwidert: „Ich finde es schlimm, dass sich Calvinisten und Lutheraner so ablehnend - wenn nicht sogar feindlich - gegenüberstehen. Haben wir denn so wenig aus dem langen Krieg gelernt, der auch wegen Religionsstreitigkeiten ausgebrochen ist? Der Streit zwischen den Anhängern Luthers und denen von Calvin ist ein Streit unter Glaubensgeschwistern. Ich will meinen Beitrag dazu leisten, Brücken zu bauen. Deshalb habe ich auch der calvinistischen Hofgemeinde geholfen, ihr eigenes Gesangbuch zu erneuern. Und jetzt hat die Kurfürstin mich sogar gebeten, aus dem calvinistischen und dem lutherischen Gesangbuch etwas Neues zu machen. Es soll ein Unionsgesangbuch werden“.

Paul ist zunächst sprachlos vor Überraschung. Nach einer Pause gibt er zu bedenken: „Ist das nicht Verrat an unserer lutherischen Überzeugung?“ Johann hält dagegen: „Ich habe mich dabei an den schon vor vielen Jahren aufgestellten Leitsatz gehalten: ‚In notwendigen Sachen Einigkeit, in nicht notwendigen Freiheit, in beidem Liebe‘. Notwendig ist unser gemeinsamer Glaube an Jesus Christus im Sinne der reformatorischen Erneuerung der Kirche. Nicht notwendig sind für mich die vielen Einzelheiten, von der Gottesdienstgestaltung bis zum Leben im Glauben in den Häusern und Familien. Da hat jede Seite die Freiheit für das Eigene. Aber die Liebe sehe ich als das Band, das alles beieinander hält. Und dazu gehören für mich ganz besonders die Lieder. Sie singen von dem Gotteslob, das uns verbindet. Warum sollte da nicht im Zeichen dieser Liebe aus zwei Gesangbüchern eines werden? Ich träume von einer Zeit, in der nicht mehr gefragt wird, ob das Lied lutherisch, calvinistisch oder gar katholisch ist, sondern nur, ob es den gesungenen Glauben beflügelt“.

 

Johann Crüger hat die Erfüllung dieses Traums nicht mehr erlebt. Das heutige Evangelische Gesangbuch ist in seinem Stammteil das Liederbuch aller evangelischen Christen. Und die Brücken zum katholischen Gotteslob sind breit geworden. Wem ist etwa heutzutage wichtig, dass das bekannte Lied „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ aus calvinistischer Tradition stammt?
Es war sicherlich Crügers Wunsch, dass die gute Zusammenarbeit zwischen Pfarrer und Kantor auch nach seinem Tod, fünf Jahre nach Gerhardts Rückkehr nach Berlin, weitergehen möge. Mit Johann Georg Ebeling wurde ein Kantor berufen, der sich auch mit Paul Gerhardt gut verstand. Der beste Beweis dafür sind die von den beiden in Text und Melodie geschaffenen bekannten Lieder „Du meine Seele, singe“ (EG 302) und „Die güldne Sonne, voll Freud und Wonne§ (EG 449)
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