Februar 2018
Jesus im Gespräch mit den Pharisäern - – seine Botschaft von der Barmherzigkeit (Lukas 5,27-32 und 18,9-14)
Ziel: bedenken, wie Jesus menschlichen Ordnungen und Gesetzen im Zeichen der Barmherzigkeit Gottes eine neue Wendung gab
Vorüberlegungen
Jesus war in ständiger Auseinandersetzung mit den gesetzestreuen Pharisäern. Er wehrte sich gegen ein Gesetzesverständnis, dem es an Empathie und Nächstenliebe, an Einfühlungsvermögen in die Lebensumstände anderer mangelt. Dagegen setzte er in seiner Gastfreundschaft mit den sog. „Zöllnern und Sündern“ deutliche Zeichen. Er verkündigte den barmherzig zugewandten Gott, der Vergebung und Neuanfang schenkt, der vergibt und Entsprechendes auch von Menschen erwartet.
Die Erzählung schlägt indirekt auch einen Bogen zu Paulus (Monatsgeschichte Januar), der sich vom gesetzestreu unnachsichtigen Pharisäer zum Verkünder des barmherzigen Gottes wandelte. Auch er sah die freundliche Zuwendung Gottes zu den Menschen nicht als Folge und Lohn der Gesetzestreue an. Sondern genau umgekehrt war für ihn diese Zuwendung einGottesgeschenk und Ausgangspunkt der sich daraus ergebenden ethischen Verpflichtungen.
Dieser Bogen lässt sich auch weiterspannen zu den Grundeinsichten der Reformation, so wie sie auch in den Reformationserzählungen anklingen.
Die Erzählung verknüpft zwei biblische Abschnitte aus dem Lukasevangelium miteinander, die thematisch eng miteinander verbunden sind: den Vorwurf der Pharisäer wegen Jesu Gastfreundschaft mit den Zöllnern und Sündern (Lukas 5,27-32) mit dem Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner im Tempel (Lukas 18,9-14). Jesu Satz von den Kranken, die den Arzt brauchen, auf die Gleichniserzählung hin bezogen – das bietet für die älteren Kinder sicherlich produktive Gesprächsanlässe.
In früheren entwicklungspsychologischen Untersuchungen bei Kindern wurde oft von einer Phase des „Pharisäismus“, eines moralischen Rigorismus berichtet, die dann – hoffentlich – von einer anderen abgelöst wird: nämlich der Nachdenklichkeit darüber, was Regeln und Ordnungen ethisch hilfreich und wertvoll für das Miteinander macht. Auf dieses Ziel hin kann diese Erzählung sicherlich einige Impulse setzen.
Erzählung
In Kapernaum wird im Haus des Levi ein Fest gefeiert. Draußen bleiben einige Leute stehen und schauen sich fragend an. Einer meint: „Von den Zöllnern da drinnen würde ich mich nie einladen lassen. Die gehören doch gar nicht richtig zu unserem Volk dazu“. Ein anderer sagt: „Levi feiert mit seinen Zöllner-Freunden. Da sind ja die Richtigen beisammen. Betrügen uns an der Zollstation und achten unsere jüdischen Lebensregeln nicht. Ein ehrlicher, aufrichtiger Mensch wird sich doch niemals von denen zu einem Fest einladen lassen“. „Aber Jesus von Nazareth ist mit seinen Freunden dabei“, erzählt Rebekka. „Ich habe es gesehen“. „Das ist unerhört“, antwortet Amos. „Jesus ist doch auch einer von uns und nicht von denen da drin! Wir achten genau auf die Gebote und Verbote. Wir unterstützen mit unserem Geld die Armen. Wir lügen und betrügen nicht wie diese Zöllner-Bande. Ich muss unbedingt mit Rabbi Simeon, unserem Religionslehrer, reden. Der muss da unbedingt etwas unternehmen“.
Bald darauf sitzen Amos und Simeon beisammen. Auch Simeon ist empört. „Wir führen ein Leben, wie es Gott gefällt. Und wenn es alle in unserem Volk tun, dann wird uns Gott mit einem neuen König belohnen, der auf unserer Seite steht. Aber diese Zöllner, die machen uns das alles kaputt“. Amos nickt: „Wir wollen ein gutes Vorbild für alle sein. Dazu gehört auch, dass wir streng zu denen sind, die uns nicht nachfolgen. Das macht uns dieser Jesus mit seinen Freunden zunichte. So geht das nicht. Wir müssen unbedingt mit Jesus reden“.
Am nächsten Tag suchen sie Jesus mit seiner Freundesschar in der Mittagspause unter schattigen Bäumen auf. Amos wendet sich an Simon Petrus. Der scheint einer der wichtigsten Personen unter den Jesusfreunden zu sein. „Warum feiert euer Jesus und ihr alle mit den Betrügern. Die werden sich doch nur zum Guten ändern, wenn sie deutlich unsere Verachtung spüren!“ Jesus ist zu den beiden hinzugetreten und hat die letzten Worte des Amos noch mitgehört. Als eine kleine Pause entsteht, sagt er: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken! Denkt doch bitte einmal über diesen Satz nach!“ Dann wendet er sich wieder den anderen zu. Amos und Simeon schauen sich fragend an: „Wie hat Jesus das wohl gemeint? Was hat wohl seine Antwort mit unserer Frage zu tun?“
< Pause für Gesprächsbeiträge der Kinder >
Amos sagt: „Meint Jesus mit dem Arzt sich selbst? Schließlich hat er ja auch Kranke geheilt“. Simeon antwortet: „Aber wieso sollten die Betrüger, diese Zöllner, die Kranken sein?“
< Pause für Gesprächsbeiträge der Kinder >
Simeon meint: „Sind sie vielleicht krank an Ehrlichkeit und Gesetzestreue? Aber so etwas heilt man doch nicht, indem man mit ihnen feiert, sondern nur durch strenge Ermahnungen und die Strafe, dass wir nichts mit ihnen zu tun haben wollen“. Amos nickt zustimmend: „Milde, Freundlichkeit und Barmherzigkeit haben da keinen Sinn. Aber wenn er meint, dass wir die Gesunden sind, dann hat er schon recht“.
< Pause für Gesprächsbeiträge der Kinder >
Nach ein paar Tagen suchen Amos und Simeon erneut das Gespräch mit Jesus. Der Satz mit dem Arzt und den Gesunden und Kranken hat die beiden nicht losgelassen. Simeon fängt an: „Wenn es stimmt, dass die Kranken die Zöllner sind, wie hast du vor, sie zu heilen?“ Jesus antwortet den beiden mit einer Geschichte.
„Zwei Männer gehen hinauf in den Tempel zum Beten. Der eine ist ein gesetzestreuer Jude, so wie auch ihr. Der andere ist ein betrügerischer Zöllner, so wie Levi und seine Freunde. Der Gesetzestreue betet laut und mit erhobenen Händen: ‚Gott, ich danke dir, dass ich solch ein guter Mensch geworden bin. Ich halte alle deine Weisungen und Gebote sorgfältig ein. Ich faste regelmäßig und spende viel von meinem Geld für die Armen. Ich kämpfe dafür, dass auch andere so werden wie ich“. Dann wendet er seinen Blick zur Seite, sieht den Zöllner. Die Augenpaare treffen sich. Zorn und Abneigung funkeln in den Augen des Beters, und nach einer kurzen Unterbrechung betet er mit erhobener Stimme weiter: ‚Ich danke dir, dass ich nicht so bin wie dieser betrügerische Zöllner da, der meine und deine Verachtung wirklich verdient hat. Amen“. Dann steht der gesetzestreue Beter auf, wirft dem Zöllner noch einen abschätzigen Blick zu und verlässt mit stolz erhobenem Kopf seine Gebetsecke im Tempel.
Der Zöllner ist beim Gebet des Gesetzestreuen ganz in sich zusammengesunken. Leise flüsternd sagt er immer wieder: ‚Gott, vergib mir all das Unrecht, das ich getan habe. Sei bitte barmherzig mit mir und hilf, dass es auch die anderen sind. Denn ich will doch wieder zu dir und zur Gemeinschaft der Menschen in unserer Stadt gehören!‘ Dann verändert sich etwas in ihm. Er wird ganz ruhig, richtet seinen Rücken wieder gerade. Ein Leuchten zieht über sein Gesicht und er betet weiter: ‚Guter Gott, jetzt weiß ich, dass du auch für mich ein barmherziger Gott bist. Ich weiß, dass du mir einen neuen Anfang schenkst. Amen‘. Dann verlässt auch er den Tempel“.
Amos und Simeon warten noch, ob die Geschichte weitergeht. Aber jetzt fragt Jesus sie: „Was meint ihr, bei wem hat es sich im Tempel zum Guten gewendet?“ Simeon antwortet nachdenklich: „Beim Gesetzestreuen wohl nicht, denn der ist ja schon gut. Aber der andere hat Glück gehabt“. Amos meint: „Ja, der hat das Glück erfahren, dass die Last seines bisherigen betrügerischen Lebens von seinen Schultern genommen wurde“. Jesus nickt und sagt noch: „Ich glaube, ihr könnt jetzt besser verstehen, was ich neulich mit dem Satz gemeint habe: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“. Mit nachdenklichen Gesichtern gehen Amos und Simeon weg.
Einige der Jesusfreunde haben das Ende des Gesprächs auch noch mit bekommen, und Andreas meint: „Ist es wirklich so klar, dass der Gesetzestreue der Gesunde und der Zöllner der Kranke war? Ob der Gesetzestreue nicht auch noch Heilung bräuchte?“ „Was meinst du damit?“ fragen ihn die anderen, und schon sind sie mittendrin in einem lebhaften Gespräch.
Gesprächsanregungen
- Der Gesetzestreue ist der Gesunde, meinen Amos und Simeon. Andreas ist wohl anderer Meinung. Wer hat Recht und warum?
- Wie kannst du erklären, dass man Gott und Jesus auch einen Arzt nennen könnte?
- Amos und Simeon haben zugegeben, dass der Zöllner Glück erfahren hat. Wie passt dazu, dass sie Jesu Gastfreundschaft mit den Zöllnern verurteilten? Müsste sich auch bei ihnen einiges ändern? Könnte auch das eine Änderung zum Guten hin sein und warum?
- Steckt etwas von dem Gesetzestreuen und dem Zöllner auch in uns heutigen Menschen?
- Was könnte sich da zum Guten verändern?