September 2015
Jesus und die Frage nach der „Kaisersteuer“ (Markus 12,13ff.)
Ziele:
- sich von der Frage an Jesus nach der Berechtigung der Steuer für den römischen Kaiser zu eigenen Überlegungen anregen lassen
- mit Bezügen auf Jesu Gleichnisse und die an Jesus herangetragene herausfordernde Frage Anregungen zum eigenen Theologisieren der Kinder gewinnen
Jesus hat weniger in Lehrsätzen und Begriffen über Gott gesprochen als vielmehr in Bildern und Gleichnissen. Mit ihnen hat er die Zuhörenden in aktive Nachdenklichkeit versetzt. Beim Nachdenken über Gott geht es eben nicht um Wissensfragen, sondern um Lebensweisheit, um das, was zum Leben hilft.
Der erste Teil der Erzählung holt etwas weiter aus und bezieht sich auf Gleichnisse, in denen es um Geld geht. Er schafft damit zugleich einen Rahmen für die Frage nach der sog. ‚Kaisersteuer‘. In ihr geht es nicht nur um eine schlagfertige Antwort, mit der Jesus der kluge Sieger in einem Wortgefecht bleibt, sondern um Nachdenklichkeit, die zu grundlegenden Fragen des Glaubens führt.
Der biblische Text rückt die fragenden Pharisäer gleich in ein negatives Licht: Sie sollen Jesus mit einer Fangfrage (Soll man den Römern Steuern bezahlen?) gleichsam „ans Messer liefern“, Gründe für dessen Verhaftung finden. Dieses Motiv wird in der Erzählung zurückgenommen, ohne aber die Gefährlichkeit der Fragen an Jesus zu mindern.
Die Auseinandersetzung um die von der römischen Besatzungsmacht erhobenen Steuer hat zwei Aspekte: Der eine ist die grundsätzliche Ablehnung dieser Steuer im Zeichen eines aktiven politischen Widerstands gegen die römische Fremdherrschaft. Der andere ist das Bekenntnis zu dem einen Gott der jüdischen Tradition, die im Widerspruch steht zum Anspruch des römischen Kaisers, selbst wie ein Gott verehrt zu werden. In beiden Aspekten steckt viel ‚Sprengstoff‘, der sich sowohl in einem ‚Ja‘ als auch in einem ‚Nein‘ entzünden könnte. Dem zweiten Aspekt folgt der Erzählvorschlag.
Die Erzählung ist von Anfang an eng mit dem eigenen Theologisieren der Kinder verbunden. Eingewobene Jüngergespräche führen in es hinein. So kann durchaus bei den Gesprächsphasen der Jünger untereinander unterbrochen werden, um diese Gespräche zum Gespräch der Kinder hin zu öffnen. Genauso gut kann aber auch bis zum Schluss erzählt werden, um dann mit den Gesprächsanregungen bei den verschiedenen Gesprächsanlässen in der Erzählung erneut einzusteigen.
Erzählanregung
Nach einem heißen Tag am See Genezareth tut der kühle Wind vom See her gut – auch den Menschen, die sich nach ihrer Tagesarbeit am Ufer zusammengefunden haben und Jesus zuhören. Er erzählt ihnen von Gott auf eine Weise, wie sie es vorher noch nie gehört hatten. Es sind oft Geschichten, in denen Gott eigentlich gar nicht vorkommt. Aber wenn man genauer darüber nachdenkt, kommt Gott doch vor. Da erzählt Jesus von einem Mann, der in einem Acker einen Schatz entdeckt. Er trägt alles Wertvolle, das er hat, zusammen, um diesen Acker zu kaufen und den Schatz mit ihm.
„Hast du verstanden, was das mit Gott zu tun hat?“ fragt Simon seinen Bruder Andreas. Beide sind schon zusammen mit anderen Männern und Frauen seit einigen Monaten mit Jesus unterwegs – und sie hören doch immer wieder Neues von Jesus. „Freilich“, antwortet Andreas, „der Schatz ist das, was Gott uns zum Leben schenkt. Aber man muss diesen Schatz auch sehen und sich um ihn kümmern“. Da schaltet sich Tobias, ein anderer der Freunde Jesu, in das Gespräch ein: „Ich verstehe das so: Man kann nicht alles haben, was einem gefällt. Für das, was einem am wichtigsten im Leben ist, was einem der wichtigste Schatz ist, muss man auch auf anderes verzichten können. Und das Wichtigste für uns alle ist doch, dass wir auf Gott vertrauen können, dass Gott wie ein Vater und eine Mutter, wie gute Freunde und alles zusammen für uns ist“. Die anderen nicken zustimmend. „Vielleicht ist es auch noch ganz anders“, meint Judith, die den drei Freunden zugehört hat. „Vielleicht meint Jesus es so: Zuerst weiß man noch gar nicht, wie wertvoll der Schatz ist, so wie der, der da schmutzig im Acker liegt. Man muss es dann wagen, auf alles andere zu verzichten“. Und Salome ergänzt: „So wie wir es auch gewagt haben, mit Jesus mitzugehen. Wir haben doch vorher auch nicht gewusst, was wir alles Wunderbares mit ihm erleben werden“. Wieder nicken die anderen. Simon meint: „Das ist das Wunderbare an Jesus. Er erzählt uns eine kleine Geschichte, und wir können so viel weiter darüber nachdenken, was sie für uns bedeutet. Seine Geschichten sind doch alle wie Schatzkästchen, in denen man das, was darin versteckt ist, erst selbst herausfinden muss“.
Inzwischen erzählt Jesus schon wieder eine andere Geschichte, nämlich von einer Frau, die ein Geldstück im Haus verloren hat und nicht aufhört, es zu suchen, bis sie es endlich gefunden hat. Und wieder stecken die Freundinnen und Freunde Jesu die Köpfe zusammen und überlegen, was diese Geschichte mit Gott zu tun hat.
„Schaut mal“, unterbricht Taddäus da das Gespräch, „da drüben stehen auch einige und stecken die Köpfe zusammen. Das sind doch die Lehrer von der Bibelschule, die Schriftgelehrten, die so oft etwas auszusetzen haben an dem, was Jesus von Gott erzählt. Die stellen doch immer wieder Fragen an Jesus, mit denen sie ihn hereinlegen wollen. Sie lauern darauf, dass Jesus keine Antwort weiß und sie dann sagen können: Hört doch nicht auf diesen Jesus. Dass er keine Antwort weiß, das ist der Beweis dafür, dass er nicht richtig von Gott erzählt. Hört auf uns! Ich glaube, die denken sich gerade wieder eine solche Frage aus“.
Gespannt warten die Jesus-Freunde nun darauf, was weiter geschehen wird und schauen auf das, was die Bibellehrer tun. Jesus hat inzwischen aufgehört zu reden. Einige Leute stehen noch bei ihm, mit ihren ganz persönlichen Fragen. „Schaut“, ruft Simon leise den anderen zu, „einer von ihnen geht jetzt hin zu Jesus. Lasst uns auch ganz nahe hingehen, damit wir alles verstehen“. Aber das ist auch gar nicht nötig, denn der Schriftgelehrte redet so laut, dass es möglichst viele hören können.
„Großer Meister“, redet er ihn höflich an, „du weißt so viel über Gott und den Glauben zu sagen. Wir haben da eine Frage an dich, die uns sehr beschäftigt“. „Was kommt jetzt?“ flüstert Andreas ganz aufgeregt. Der Bibellehrer spricht weiter: „Du hast so viel über Schätze und Geldmünzen geredet, da kannst du uns sicher die Frage beantworten: Ist es recht, dass wir dem Kaiser in Rom Steuern bezahlen?“ Jetzt horchen auch alle Umstehenden, was Jesus wohl antworten wird.
Salome sagt leise: „Oh, das ist eine gefährliche Frage!“ Jesus lässt sich Zeit mit der Antwort. Dann sagt er: „Wer kann mir einen Silberdenar geben?“ Der Bibellehrer zieht gleich einen aus seiner Tasche und hält ihn Jesus hin. Und jetzt dämmert auch den anderen, welche Gefahr in dieser Frage steckt. Auf der Münze ist nämlich der Kaiser in Rom abgebildet, der sich selbst wie einen Gott verehren lässt, und der den Glauben der Juden an den einen Gott verspottet. Wenn Jesus ‚Ja’ sagt, dann stellt er sich auf die Seite des Kaisers, dann findet er es richtig diesem Kaiser Steuern zu zahlen. Und das passt überhaupt nicht zu dem, was er von Gott erzählt. Ehre gebührt doch nicht dem Kaiser in Rom, sondern allein Gott. Jesus darf nicht ‚Ja‘ sagen. Wenn er aber ‚Nein‘ sagt, dann missachtet er die Gesetze. Denn überall muss man Steuern bezahlen. Wer das nicht tut und andere dazu anstiftet, muss mit harten Strafen rechnen. Jesus darf nicht ‚Nein‘ sagen. Aber Jesus muss doch etwas sagen! Gibt es hier überhaupt eine gute Antwort?
Gespannt warten alle, was Jesus antwortet. Der dreht die Münze hin und her und sagt dann: „Überall muss man Steuern bezahlen. Gebt dem Kaiser deshalb das Geld, das ihm zusteht, nämlich so, wie es die Gesetze regeln. Mit einer Verehrung des Kaisers hat das nichts zu tun. Dass auf der Münze ein Bild des Kaisers ist, das können wir nicht ändern. Wir zahlen dem Kaiser Steuergeld, aber wir verehren ihn nicht. Was auf der Münze abgebildet ist, hat nichts mit unserem Glauben zu tun. Unsere Verehrung gilt allein dem einen Gott, der von uns keine Steuern verlangt, sondern der uns mit so viel Gutem beschenkt. Darum sage ich also: Gebt dem Kaiser, was ihm zusteht. Und gebt Gott all das, was Gott zusteht“. Dann macht Jesus eine Pause und gibt dem Bibellehrer die Münze zurück.
Zuerst ist es noch ganz still in der Menge. Dann fangen einige an zu klatschen und immer mehr klatschen mit. Auch die Jesusfreunde zeigen ihre Freude über Jesu Worte. Aber dann stecken sie gleich wieder die Köpfe zusammen. „Das war eine gute Antwort“, meint Judith. „Also, ich verstehe das so: Es gibt Sachen, die gehören einfach zum Leben dazu, und das sind auch die Steuern. Wenn der Kaiser sich für einen Gott hält, dann ist das seine Sache. Ob wir ihn als Gott verehren, das ist unsere Sache. Und das tun wir auf keinen Fall“. Andreas sagt: „Ich verstehe das so: Jemand, den man anbetet, hat auf einem Geldstück überhaupt nichts verloren. Denn das Geld hat nichts mit Gott zu tun. Und unseren Gott könnte man sowieso niemals abbilden. Was auf dem Geldstück abgebildet ist, kann uns deshalb egal sein“. Die anderen nicken. Und wieder ein anderer sagt: „Ich verstehe das so: Auf der einen Seite hat alles in unserem Leben mit Gott zu tun. Aber es gibt auch Sachen, die haben nichts mit Gott zu tun. Und da muss man eben gut unterscheiden“. „Wie meinst du das genauer“, fragen die anderen zurück – und schon sind sie wieder mittendrin im Nachdenken über Gott und die Welt und über den Glauben an den einen Gott, von dem ihnen Jesus schon so viel erzählt hat.
Gesprächsanregungen
- Was meinst du zu dem Satz: ‚Alles hat mit Gott zu tun, aber manches auch nicht‘?
- Wie passt dieser Satz zu der Antwort, die Jesus dem Bibellehrer gegeben hat?
- Jesus konnte viele gute Nachdenkfragen stellen. An welche kannst du dich erinnern und wie denkst du über sie nach?
- Kennst du auch andere Fragen, auf die sowohl ‚Ja‘ als auch ‚Nein‘ falsche Antworten sind?
- Welche fallen dir ein?
- Manche Menschen haben Jesus einen Weisheitslehrer genannt. Was haben sie wohl damit gemeint?
- Welche eigenen Worte oder Sätze über Gott fallen dir ein, über die man gut nachdenken kann?