August 2013
Sara lachte (1. Mose 18)
Vorüberlegungen
Ziel: sich mit der Erzählung die Wende von enttäuschter Hoffnung zur Freude über das Versprechen vor Augen stellen
Fördert: Zuversicht auch angesichts von Enttäuschungen
Kinderlosigkeit kann schlimm sein. In Gesellschaften ohne staatlich geregelte Alterssicherung sind es die eigenen Kinder, die den alt gewordenen Eltern ein würdiges Auskommen sichern. Neben den wirtschaftlichen Sorgen sind es die psychischen Belastungen, oft die Versagensängste, den „biologischen Grundauftrag“, nämlich für Nachkommen zu sorgen, nicht erfüllen zu können. Altern zeigt sich unter solchen Gegebenheiten in einer besonders dramatischen Variante der verpassten Möglichkeiten, der abgelaufenen Uhr, der leeren Hände.
Und da erzählt die Bibel von Begebenheiten, in denen sich auf wunderbare Weise noch das Blatt wendete. Der ‚Zug ist doch noch nicht abgefahren, die Zeit des Hoffens ist noch nicht vorbei. Im Alten Testament ist es die Geschichte von Abraham und Sara, denen von Gott Großes versprochen wurde. Aber deren Hoffnung auf Erfüllung zerrinnt immer mehr, bis sich mit dem geheimnisvollen Besuch der Gottesboten die Wendung ankündigt.
Später wird Ähnliches von Hanna, der Mutter des Propheten Samuel erzählt (1. Samuel 1), der dann in den Erzählungen vom Beginn des Königtums in Israel eine so wichtige Rolle einnimmt.
Im Neuen Testament ist es Elisabeth, die Mutter des Johannes, des späteren Täufers, die auch noch im späten Alter das lang ersehnte Kind zur Welt bringen kann.
Diese Geschichten sollten nicht auf biologische Ausnahmeerscheinungen reduziert werden. Vielmehr wird in ihnen der Perspektive des Alterns widersprochen: dem Alter als zunehmendem Verlust an Lebendigkeit, an Verschwinden der Möglichkeiten der Selbstentfaltung, als zunehmende Beschränkung. Es ist nie zu spät für Wunderbares, für bereichernde Erfahrungen, für Aufblühen.
Ist das aber auch eine Geschichte für Kinder? Sie sind doch noch weit entfernt von den zu bewältigenden Krisen des Alters. Für sie kann es eine Geschichte vom Warten sein, das trotz aller Enttäuschungen doch noch eine wunderbare Wendung nimmt. Der Lebenswunsch, etwas hervorzubringen, das Anerkennung findet, muss nie abgeschrieben werden. Als Versager abgestempelt zu sein, muss nie als endgültig hingenommen werden. Dazu macht diese Geschichte Mut, Erwachsenen und Kindern. Es ist die Geschichte von einem Hoffen auf Gott, das nicht aufgibt und schließlich doch belohnt wird – auch wenn die Gegenerfahrungen in der realen Umwelt erdrückend zu sein scheinen.
Und schließlich geht es in der Geschichte ja um ein Kind, dessen Dasein für die Eltern so wichtig ist – auch das könnte für Kinder in dieser Erzählung interessant sein.
Das Besondere dieser Geschichte von Abraham und Sara ist der Besuch der drei Männer, die sich als Boten Gottes zu erkennen geben. Damit fügt sich diese Geschichte in die Reihe der Engelerzählungen, mit den Vermittlern zwischen Gott und den Menschen, zwischen Himmel und Erde. Sie sind erkennbar an ihren Flügeln (Engel Gabriel bei Maria (Lukas 1), Jakobs Traum (1. Mose 28) oder nur an ihrem Wirken, ihrer Botschaft in Wort und Tat, die die Beteiligten oft erst hinterher erkennen (Tobias).
Erzählanregung
Abraham sitzt an seinem Lieblingsplatz neben dem großen Wohnzelt unter dem Baum mit seinen breit ausladenden, schattigen Zweigen. Er sitzt einfach nur da und schaut vor sich hin. Da kommt Sara aus dem Zelt, geht zu Abraham und legt ihren Arm um seine Schultern. „Abraham, musst du auch immer daran denken? Ich sehe, dass es dich bedrückt!“ Abraham nickt nur. Und nach einer Weile sagt er ganz langsam: „Aber Gott hat uns doch versprochen, dass wir ein Kind bekommen! Wie lange sollen wir denn noch warten?“ Sara sagt mit trauriger Stimme: „Ich glaube, wir haben umsonst gewartet. Jetzt bin ich wirklich zu alt, um noch ein Kind zu bekommen“. Und dann weint sie. „Es ist schlimm, wenn man sich auf nichts mehr freuen kann“, meint Abraham noch. „Ich hätte nie gedacht, dass es mit uns so weit kommt“. Dann meint Sara noch: „Kannst du dir vorstellen, wie weh es tut, wenn ich andere Frauen treffe, und die sagen bloß: „Jetzt bist du doch wohl zu alt, um noch ein Kind zu bekommen. Naja, so ist es eben“. Und dann tuscheln sie miteinander und schauen mich so komisch von der Seite an“. Abraham sagt nichts, sucht nur die Hand der Sara und hält sie eine Weile fest. Dann steht Sara auf und geht zurück in das Zelt.
Abraham bleibt sitzen, schaut weiter vor sich hin, hebt dann aber auf einmal den Kopf und schaut angestrengt in die Ferne. Er sieht Gestalten, die sich nähern. „Nanu, wer kommt denn jetzt noch zu Besuch“, denkt er sich. Aber er ist neugierig auf die drei Männer, die er jetzt immer deutlicher sieht. „Die können uns beide hoffentlich eine Weile ablenken von unseren trüben Gedanken und unseren Sorgen“. Dann steht er auf und geht ihnen entgegen, um sie als seine Gäste willkommen zu heißen. Und er spürt gleich, dass es Leute sind, mit denen er sich gut verstehen wird. „Ich hoffe, ihr habt genug Zeit mitgebracht für einen Besuch bei uns“, sagt er zu ihnen. Sie nicken, und dann haben Abraham und Sara einiges zu tun. Abraham kümmert sich selbst darum, dass die Gäste ihre staubigen und müden Füße in einem Wasserbecken erfrischen können. Währenddessen sieht er sich nach den Vorräten um, die für ein festliches Abendessen nötig sind. Fleisch zum Braten, Mehl zum Backen von knusprigem Fladenbrot, Oliven und Datteln zum Nachtisch, Wein und Wasser zum Trinken.
Bald ist das Essen zubereitet, alles ist hergerichtet unter dem schattigen Baum. Sara hat nur kurz die Gäste begrüßt, dann ist sie wieder im Zelt verschwunden. „Was sind das wohl für drei Leute“, denkt sie sich. „Ich habe sie noch nie gesehen. Aber sie sind so freundlich und angenehm“. Am liebsten würde sie ja leise mit Abraham tuscheln, aber das geht nicht. Sara ist jetzt sehr neugierig. Sie stellt sich so hinter den Eingang vom Zelt, dass sie nicht gesehen wird und spitzt die Ohren. Zuerst reden die Männer über alles Mögliche, über das Wetter und über die Schafherden. „Na, die drei müssen doch irgendeinen Grund haben, warum sie zu uns gekommen sind“, denkt sie sich, „jetzt sollen sie doch endlich damit anfangen!“.
Aber dann horcht Sara auf. Die Besucher und Abraham reden auf einmal über die Familie. „Wie gerne würde ich den Besuchern jetzt eigene Kinder vorstellen“ denkt sich Sara, und sie fühlt wieder den Schmerz in sich. Aber da sagt einer von den Dreien plötzlich so deutlich, dass sie es ganz genau hören kann: „Abraham, mach dir keine Sorgen. In einem Jahr kommen wir wieder, und dann wirst du uns mit einem Kind auf dem Arm, mit deinem eigenen Sohn, begrüßen!“
Das hat Sara nicht erwartet. Sie ist so überrascht, dass sie heftig zu lachen anfängt. „Das gibt es doch nicht“, sagt sie laut. Das haben die Männer gehört, schauen jetzt in ihre Richtung, und sie will schnell verschwinden. Es ist ihr unangenehm, dass die Besucher sie beim Lauschen überrascht haben. Aber Abraham ruft sie her und sagt: „Komm nur her, Sara, es geht um uns beide. Aber was war da so zu lachen?“ Sara bekommt einen roten Kopf und versucht sich herauszureden: „Ich….ach nur so….“ Einer der Besucher sagt: „Diese Nachricht ist ganz besonders für dich wichtig“ und wiederholt sie Wort für Wort.
Sara hat sich jetzt neben Abraham gesetzt. Es ist gut, ihn an ihrer Seite zu spüren, aber jetzt nicht mehr wegen der Traurigkeit, sondern wegen der großen Überraschung. Abraham schaut zu ihr her, und sie weiß, dass sie beide jetzt das Gleiche denken: „Wer auch immer diese drei geheimnisvollen Besucher sind, sie bringen Nachricht von Gott!“ Die beiden fühlen sich so wohl wie schon lange nicht mehr. Und als die drei sich verabschieden und weggehen, schauen Abraham und Sara ihnen noch lange nach. Nach einer Pause meint Abraham: „Gott hält doch, was er verspricht“. Sara antwortet: „Wenn Gott es will, dann ist es dafür nie zu spät“.
Gesprächsanregungen:
- Warten zu müssen, das kann ganz schön anstrengend sein. Besonders, wenn die Hoffnung immer kleiner wird. Kennst du das auch?
- Abraham und Sara hatten immer mehr Angst davor, mit den anderen zu reden. Denn das hat oft so wehgetan. Kannst du dir vorstellen, was in solchen Gesprächen gesagt wurde?
- Beim Gespräch mit den Boten war es genau umgekehrt. Kannst du dir den Unterschied erklären?
- Das Lachen ist aus Sara richtig herausgeplatzt. Warum wohl?
- Diese drei Besucher waren geheimnisvolle Gestalten. Was meinst du, warum Sara und Abraham ihnen so gut vertrauen konnten?
- Wo kamen die drei her, wo gingen sie hin? Was meinst du?